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Friday, 30. May 2003
theater
kritikastern, May 30, 2003 at 11:27:16 AM BST forumfestwochenff: "Schwanensee" von ZT Hollandia Altersweise Tänzer Bewohner eines Pflegeheims bewegen sich auf der Bühne des Schauspielhauses. In rosa Strickjäckchen und zu engen Lederschuhen. Auf Gehhilfen gestützt und im Rollstuhl. Sie tanzen die bekannte "Schwanensee"-Geschichte, auf ein Minimum an theatraler Aktion reduziert. Zu sehen bekommt man wenig in der Produktion des ZT Hollandia im Rahmen der Wiener Festwochen. Aber was ist wenig? Wenig ist relativ und für die Darsteller ist das Wenige viel. Und überhaupt: Ihr Spiel legt die Vermutung nahe, dass sie das Denken in solchen Kategorien schon längst überwunden haben. Ihr Rhythmus ist ein anderer. Niemand muss mehr etwas beweisen. Als "Theater am Rande des Theaters" hat eine holländische Theaterjury die Produktion bezeichnet. Ein Stück "auf dem sehr schmalen Streifen, auf dem das Theater und die Alltäglichkeit einander begegnen." Sanne van Rijn hat mit ihren zwölf Tänzern ruhige Bewegungsfolgen erarbeitet. Dabei geht es nicht um Präzision. Was tief berührt, ist die innere Anmut, mit der sich die Darsteller auf der Bühne bewegen. Ger van der Grijn macht einen Kopfstand. Die balletterfahrene Jeanne Assmann tanzt ein Solo in ihrem Rollstuhl. Bertus van de Pol bewegt sich zu Musik der "Neuen Deutschen Welle". Ein in seiner Schlichtheit und ungekünstelten Direktheit imponierender Abend. link me theater
kritikastern, May 30, 2003 at 11:26:14 AM BST Wiener Festwochen im Ronacher: Adam Schaf hat Angst Tim Fischer als Ideal-Interpret Er spielt in einer eigenen Liga. Das Genre des literarisch-satirischen Chansons wäre im deutschsprachigen Raum kaum präsent, wäre da nicht Georg Kreisler. Für Tim Fischer, der Kreislers Lieder mit größter Präzision und Hingabe interpretiert, hat Kreisler ein „Musical“ geschrieben. Ein Musical, das diesen Namen eigentlich nicht verdient. Denn mehr als eine Sammlung älterer und neuerer Songs mit eher holprigen Zwischentexten ist das Stück, das im Dezember letzten Jahres am Berliner Ensemble seine „Uraufführung“ gefeiert hat, nicht. Nun war das Stück bei den Festwochen zu erleben. Es zeigt Fischer als altmodischen Schauspieler, der auf seinen - kleinen - Auftritt wartet. Da er wie gewohnt früh im Theater auftaucht, bleibt genug Zeit, das Schaffen Kreislers zu durchstreifen. Dabei fällt auf, wie erschreckend vereinfachend die Erklärungsmodelle, die die Texte nahelegen, heute wirken. Nach dem Motto: Wer vieles über einen Leisten schert, wird manchen treffen. Das große DIE bezeichnet das böse Andere: DIE Ehe, DIE Spinner, DIE Schulbücher, DIE Herren der Republik, DIE Skinheads, DIE Künstler, DIE Politiker. Wenn Kreisler den einzelnen Menschen als Ausgangspunkt wählt, schafft er berührende, große Literatur. Etwa wenn ein Mann des Morgens durch die Stadt marschiert und sich die (Nazi-)Vergangenheit der Menschen, die er trifft, ins Gedächtnis ruft: Vom Friseurgehilfen, der bei der SS war, bis zum Buchhändler, der jene Werke verkauft, die er einige Jahre davor noch verbrannt hatte. Ein wehmütiges Schlusslied verdeutlicht die resignative Grundhaltung, die Kreisler heute einzunehmen scheint: „Es hat keinen Sinn mehr, Lieder zu machen, die Zeiten sind vorbei...“ Wer den Abend trägt und erträglich macht, ist Tim Fischer. Er spielt so präzise, dass alles schon wieder einfach und nonchalant wirkt. Die Artikulation der rasenden Verse ist glasklar, die wunderbaren Kompositionen Kreislers interpretiert er, pointiert begleitet von Thomas Dörschel am Klavier, musikalisch ausgefeilt. Was Regisseur Werner Schroeter um das schwache Handlungsgerüst drapiert hat, lenkt eher ab, denn dass es die Kunst Fischers unterstützten würde. Die „Inspizientin Adelheid“ (Steffi Kühnert) schwänzelt um den alternden Schauspieler. Sie darf versonnen Seifenblasen hauchen und muss als Stichwortgeberin herhalten. Tim Fischers Bühnenpräsenz ist aber so stark, dass auch ein Barhocker und ein Spot Genüge getan hätten. link me ernste musik
kritikastern, May 30, 2003 at 11:24:58 AM BST Mozart-Saal: Elisabeth Leonskaja, Borodin Quartett Schumann als schlecht studierte Etüde Robert Schumanns Klavierquintett gehört zu den Meisterwerken seines Genres. Elisabeth Leonskaja und das Borodin-Quartett degradierten in ihrem Festwochen-Konzert das Werk zu einer schlecht studierten Einspielübung. Die Streicher fanden trotz molto-legato-Spiel zu keiner musikalischen Linie, sentimental zerdehnt floss der marschartige zweite Satz zäh dahin, Leonskaja schummelte sich mit viel Routine über große technische Unsicherheiten. Diesen Eindruck galt es schnell wegzuwischen. Fast ohne den Applaus abzuwarten setzten sich die Musiker wieder an ihre Pulte, um einem russischen Komponisten die Ehre zu erweisen, der mit dem Borodin-Quartett eng verbunden war. Wenn Valentin Berlinsky, der Cellist des Ensembles, seine vergilbten und abgegriffenen Schostakowitsch-Noten aufschlägt, erfüllt die Aura des Authentischen den Konzertsaal. Berlinsky war Mitglied der Ur-Besetzung des Streichquartetts, das unter der künstlerischen Leitung des Komponisten dessen Quartett-Oevre auf Schallplatte verewigt hat. Folgerichtig war man als Hörer mit dem Schostakowitsch-Klavierquintett op. 57 besser bedient als mit Schumann. Eine fahle Fuge, ein überdrehtes Scherzo und ein inniges Intermezzo wurden mit einem sonnig ausgelassenen Finale abgeschlossen. Gänzlich verflogen waren alle Unsicherheiten bei César Francks Klavierquintett in f-Moll. In einem Sinne und zupackend wurde musiziert, schwierige Stellen delikat zum Klingen gebracht. Bei der Klavierquintett-Besetzung steht das Tasteninstrument klanglich oft im Abseits. Nicht so bei Leonskajas Franck-Interpretation: Feinfühlig setzte sie wohldosierte Kontrapunkte, mit Bedacht auf einen ausgewogenen Gesamtklang. link me |
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