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Friday, 26. March 2004

film

Konzerthaus: Louis Sclavis vertont "Dans la nuit" von Charles Vanel


Soziologischer Blick auf ein Beziehungs-Drama

Einen in vielfacher Hinsicht außergewöhnlichen Stummfilm zeigte das Wiener Konzerthaus. "Dans la nuit" von Charles Vanel entstand 1929. Ein Stummfilm, der am Beginn des unaufhaltsamen Aufstiegs des Tonfilms entstanden ist und daher schnell in Vergessenheit geriet. Vanel war eigentlich Schauspieler, "Dans la nuit" sein Erstlingsfilm. Ein zu dieser Zeit ungewöhnlicher Wechsel hinter die Kamera. Der bedeutende französische Jazz-Musiker Louis Sclavis sorgte im Konzerthaus für eine spannende musikalische Begleitung.

Mit schroffer Bildsprache und soziologischem Blick führt Vanel den Zuseher in die harte Welt ukrainischer Bergarbeiter ein. "On location" gedreht, überzeugt der Film durch zunächst fast dokumentarische Bilder und im zweiten Teil durch ein packendes Beziehungsdrama. Ein Steinbrucharbeiter wird durch eine Dynamitexplosion entstellt. Eine Maske verdeckt die zerstörten Teile seines Gesichts. Seine Frau berügt ihn, während er auf Nachtschicht ist. Eines Nachts überrascht der Ehemann seine Frau mit ihrem Liebhaber, der sich die zweite Maske des Entstellten übergestreift hat. Einer der Maskierten stirbt. Aber welcher der beiden wird als lebloser Körper im Bergsee entsorgt? Zuseher und Ehefrau täuschen sich in der Identität des Mannes. Dass sich alles schließlich als Traum der Frau entpuppt, ist eine Volte, die dem davor Geschehenen kaum seine Schärfe nimmt. Ein kompromissloses filmisches Meisterwerk, seiner Zeit in Kameraführung und Montage voraus.

Louis Sclavis hat seine Filmmusik für "Dans la nuit" bereits für ECM eingespielt. Der Klarinettist und Komponist hat die Episodenstruktur der Filmvorlage in seine Musik übernommen (ähnlich wie das "Cinematic Orchestra" bei Dziga Vertovs "Man with a movie camera" verfahren ist). Sclavis und seine Mitmusiker an Violine, Cello, Schlagzeug und Akkordeon vollziehen keine schnellen Wechsel, sondern breiten thematisch verwandte Klangfelder aus, die den Stimmungsbogen des Films nachzeichnen. Das funktioniert sehr gut: Sclavis' Ausgangsmaterial ist bei französischer Volksmusik geborgt, mit der Spannung steigert er die Abstraktion der Tonsprache mit großer Wirkung.


 
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