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Wiener Festwochen im Ronacher: Adam Schaf hat Angst


Tim Fischer als Ideal-Interpret

Er spielt in einer eigenen Liga. Das Genre des literarisch-satirischen Chansons wäre im deutschsprachigen Raum kaum präsent, wäre da nicht Georg Kreisler. Für Tim Fischer, der Kreislers Lieder mit größter Präzision und Hingabe interpretiert, hat Kreisler ein „Musical“ geschrieben. Ein Musical, das diesen Namen eigentlich nicht verdient. Denn mehr als eine Sammlung älterer und neuerer Songs mit eher holprigen Zwischentexten ist das Stück, das im Dezember letzten Jahres am Berliner Ensemble seine „Uraufführung“ gefeiert hat, nicht.

Nun war das Stück bei den Festwochen zu erleben. Es zeigt Fischer als altmodischen Schauspieler, der auf seinen - kleinen - Auftritt wartet. Da er wie gewohnt früh im Theater auftaucht, bleibt genug Zeit, das Schaffen Kreislers zu durchstreifen. Dabei fällt auf, wie erschreckend vereinfachend die Erklärungsmodelle, die die Texte nahelegen, heute wirken. Nach dem Motto: Wer vieles über einen Leisten schert, wird manchen treffen. Das große DIE bezeichnet das böse Andere: DIE Ehe, DIE Spinner, DIE Schulbücher, DIE Herren der Republik, DIE Skinheads, DIE Künstler, DIE Politiker.

Wenn Kreisler den einzelnen Menschen als Ausgangspunkt wählt, schafft er berührende, große Literatur. Etwa wenn ein Mann des Morgens durch die Stadt marschiert und sich die (Nazi-)Vergangenheit der Menschen, die er trifft, ins Gedächtnis ruft: Vom Friseurgehilfen, der bei der SS war, bis zum Buchhändler, der jene Werke verkauft, die er einige Jahre davor noch verbrannt hatte. Ein wehmütiges Schlusslied verdeutlicht die resignative Grundhaltung, die Kreisler heute einzunehmen scheint: „Es hat keinen Sinn mehr, Lieder zu machen, die Zeiten sind vorbei...“

Wer den Abend trägt und erträglich macht, ist Tim Fischer. Er spielt so präzise, dass alles schon wieder einfach und nonchalant wirkt. Die Artikulation der rasenden Verse ist glasklar, die wunderbaren Kompositionen Kreislers interpretiert er, pointiert begleitet von Thomas Dörschel am Klavier, musikalisch ausgefeilt.

Was Regisseur Werner Schroeter um das schwache Handlungsgerüst drapiert hat, lenkt eher ab, denn dass es die Kunst Fischers unterstützten würde. Die „Inspizientin Adelheid“ (Steffi Kühnert) schwänzelt um den alternden Schauspieler. Sie darf versonnen Seifenblasen hauchen und muss als Stichwortgeberin herhalten. Tim Fischers Bühnenpräsenz ist aber so stark, dass auch ein Barhocker und ein Spot Genüge getan hätten.


 
  



 
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