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Friday, 13. December 2002

ernste musik

cerha, der meister


Experiment und Affirmation

Ob als Interpret, Lehrer, Funktionär oder Komponist Friedrich Cerha war und ist eine der bestimmenden Persönlichkeiten des österreichischen Musiklebens. Einen Konzertabend, der in seiner Zusammenstellung die Qualitäten von Cerhas kompositorischem Schaffen anschaulich machte, absolvierte das Klangforum Wien unter der Leitung des Meisters. Cerha gelingt die Überwindung von Experiment und Tradition.

Wie Cerha Ende der 50er Jahre zögernd, zart und doch neue Welten erschaffend zu einer neuen Tonsprache jenseits der Dodekaphonie fand, zeigten die "Mouvements I-III". Jeder der drei Sätze exponiert an den Rändern offene Zustände, die sich stufenweise verdichten. Von zart tröpfelnd (I) über hart artikuliert (II) bis zu einem dichten Klangkontinuum (III).

Ruhig & bescheiden

Die folgenden Werke sind sowohl diesen Experimenten als auch einem hohen Geschichtsbewusstsein verpflichtet. Mit dem Streichsextett "Acht Sätze nach Hölderlin-Fragmenten" aus dem Jahr 1995 zeigt sich Cerha klanglich der Zweiten Wiener Schule verbunden. Doch der Komponist hat hier längst zu einer eigenen Sprache gefunden. Denn Überwindung und Affirmation des geschichtlichen Fundus fallen hier aufs Glücklichste in Eins. Das fein gesponnene Gewebe löst sich am Ende in Glissandi auf. Die Streichersolisten des Klangforum versteckten Sperriges nicht unter verharmlosendem Schönklang.

Mit ruhigen, bescheidenen Gesten führte der Komponist schließlich die Musiker durch sein "Jahr lang ins Ungewisse hinab" (entstanden 1995/96). Das Werk ist eine exemplarische Synthese aus den musikalischen Extremen "Zustand" und "Prozess". Es beginnt vital, bricht jedoch bald ins unheilvoll Dunkle ab. In Wellenbewegungen schaukelt es sich zu einer unausweichlichen Flut auf, mündet in stehendem Klang größter Informationsdichte, um schließlich in Klangwelten mitleidend erhabener Umschau aufzugehen. "Jahr lang ins Ungewisse hinab" endet mit einem berührenden musikalischen Fragezeichen. Erstaunlich, wie mühelos Cerha Widersprüche in ein Werk zwingt berührend, wie kritisch absolute Musik sein kann.


 
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