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Tuesday, 3. February 2004

oper

Staatsoper: Donizettis "La Favorite" unter Vjekoslav Sutej


Sängerfest ohne Konzept

Man muss heute eigentlich die Hände über dem Kopf zusammenschlagen vor so einem Opernsujet: Léonor ist die Geliebte des Königs Alphonse. Diese liebt allerdings den Mönch Fernand. Novize Fernand verlässt für Léonor das Kloster. Dann gewinnt er einen Krieg für den König und wünscht sich - wie könnte es anders sein - die Hochzeit mit Léonor. Dass sie die Mätresse des Königs ist, weiß er nicht. Als er dies am Hochzeitstag erfährt und von der Hofgesellschaft geschmäht wird, verzichtet er auf die Ehe und flieht die Geliebte ob der verlorenen Ehre. Und geht zurück ins Kloster. Léonor folgt heimlich und haucht ihr Leben vor den Füßen des Geliebten aus.

Léonor ist in diesem literarisch höchst unbedeutenden Libretto ein Wesen, das nicht in der Lage ist, so etwas wie Ehre im Leib zu haben und am Ende nur um Gnade winseln kann. Ihr Wert besteht schließlich in der heroischen Aufgabe, ihr Leben hinzugeben, damit Fernand beruhigt sein Klosterleben antreten kann.

Nur schwer erträglich ist das hier transportierte Frauenbild - Wagner und Weininger hätten ihre Freude gehabt. Regisseur John Dew versucht auch garnicht, das Stück zu retten. Eigentlich versucht er gar nichts. Denn von einem Regie-Konzept sind nicht einmal Rudimente zu erkennen - sieht man von den umgestürzten Symbolen der Herrschaft im Bühnenbild von Thomas Gruber ab.

Wir haben es also bei "La Favorite" von Donizetti mit einer reinen Sängeroper zu tun. Die Besetzung in der Staatsoper wurde dem voll gerecht. Ramón Vargas als Fernand schmetterte kultivierte, markige Spitzentöne, Manuel Lanza (König Alphonse) begeisterte mit großen Stimmvolumen, Dan Paul Dumitrescu war als Abt Balthazar ein mächtiger musikalischer Vorläufer des Verdischen Großinquisitors, Genia Kühmeier erklomm als Inès seidig-sicher die Sopran-Höhen.

Mit einer Stimme von allergrößter Sicherheit, expressiver Dramatik und raumfüllender Größe ist Luciana D'Intino gesegnet, wie sie als Léonor bewies. Dass sie auch wunderbar einen Workshop über Opernposen des 19. und 20. Jahrhunderts leiten könnte, passte nur allzu gut in die nicht vorhandene Inszenierung. Eine halbwegs glaubwürdige Darstellung menschlicher Regungen gelang ihr nicht. Das Orchester folgte Vjekoslav Sutej und den Sängern mehr oder weniger aufmerksam und erlaubte zumindest den Sängern ihr wahrlich großes Stimmpotential voll auszuschöpfen. Musikalisch Akzente aus dem Orchestergraben blieben spärlich.


 
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Tuesday, 20. January 2004

ernste musik

Eine Wiederentdeckung: Johann Hoven in der Stadtinitiative


Politischer Kopf, Liedmeister, Intellektueller, Revolutionär

Für Musikwissenschaftler ist er "der bedeutendste österreichische Liedmeister zwischen Schubert und Brahms". Einem breiten Publikum ist er so gut wie unbekannt: Johann Vesque von Püttlingen (1803-1883). Sein Pseudonym: Johann Hoven. Das komplette Hauptwerk Hovens, die Vertonung von Heinrich Heines "Die Heimkehr", ist ab Freitag über drei Abende verteilt (23., 24., 25. Jänner, 19:30 Uhr) in der Wiener Stadtinitiative zu hören. Der Tenor Markus Schäfer, demnächst als "Don Ottavio" in Konwitschnys Berliner "Don Giovanni" zu sehen, wird den Zyklus interpretieren, begleitet von Christian de Bruyn.

Eine erstaunliche musikalische Entdeckungsreise steht bevor: Püttlingen war nicht nur angesehener Jurist, er hatte bei dem Virtuosen Iganz Moscheles Klavier studiert, Kontrapunkt lernte er bei Simon Sechter (dessen Unterricht sich Schubert nicht leisten konnte und der später auch Anton Bruckner unterrichtet hat). Püttlingens Haus zählte zu den musikalischen Mittelpunkten Wiens.

Püttlingen, geboren in Galizien, trug als Liberaler die Revolution von 1848 mit. Sein Buch "Das musikalische Autorenrecht" (1864) gilt als Beginn des musikalischen Urheberrechtsschutzes in Österreich. Dem nicht genug, war Püttlingen Präses der Gesellschaft der Musikfreunde, zu seinen Freunden und Briefpartnern zählten Schumann, Berlioz, Liszt, Mendelssohn, Grillparzer und Bauernfeld.

"Wie alle Komponisten konnte er nicht als Liedkomponist bekannt werden", sucht de Bruyn Gründe für die prekäre Rezeptionsgeschichte. Seine Opern waren populär, "dann ist er in der Versenkung verschwunden. Die Lieder sind mitvergessen worden." Was er hier geleistet habe, sei jedoch "ganz bemerkenswert": Der Klaviersatz erinnere an Schuberts letzte Produktionen, so de Bruyn: "Die Textbehandlung und die Sorgfalt gegenüber dem Text erinnert bereits an Hugo Wolf."

Püttlingens Vertonung des "Heimkehr"-Zyklus aus dem "Buch der Lieder" sticht aus der Unmenge an Heine-Vertonungen (bis 1914 wurden zweieinhalbtausend gezählt) heraus. Er missversteht Heines Gedichte nicht als Erlebnislyrik. "Die Romantiker haben Heine alle einseitig aufgefasst", analysiert de Bruyn. Ein Missverständnis: "Heine war zwar auch Romantiker, hat aber romantische Stimmungen nur aufgebaut, um sie im nächsten Hakenschlag wieder kaputt zu machen. Diese rotzige, freche und kritische Seite Heines haben die Musiker seinerzeit gar nicht geschätzt", so de Bruyn. "Püttlingen war derjenige, der Heine als Komponist in seiner Vielseitigkeit umgesetzt hat."

Die Anforderungen an den Sänger sind hoch: "Es gibt sehr romantische Stücke, mit weiten Kantilenen", so Markus Schäfer, der die "Heimkehr" auch schon auf CD eingespielt hat. "Und dann gibt es welche, die sich einer sehr trockenen und abrupten Aussagetechnik bedienen, weil sich der Komponist vom Wort nicht weit entfernt. Das geht dann schon fast ins Kabarettistische."

www.stadtinitiative.at


 
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Sunday, 18. January 2004

oper

Staatsoper: Enescus "Oedipe" unter Michael Boder


Abend der orgelnden Bässe

Bei George Enescus "Oedipe" hat man in Wien noch die beeindruckende Interpretation der Titelpartie durch Monte Pederson im Ohr. Der amerikanische Künstler sang sie bei der Premiere der Götz-Friedrich-Inszenierung 1997, im November 2001 ist Pederson einem Krebsleiden erlegen. Mit der Wiederaufnahme der ?Tragédie lyrique? an der Staatsoper feierte nun der finnische Sänger Esa Ruuttunen in dieser äußerst schwierigen Rolle sein Staatsopern-Debüt.

Ruuttunens Oedipe ist anders, als es der kraftstrotzende, stimmlich rund geführte Oedipe Pedersons war: gesanglich souverän, markant und ruppig, mit nervöser Spannung und überaus starker schauspielerischer Bühnenpräsenz. Ruuttunens Oedipe ist ein Verwandter Woyzecks, von innerer Unruhe getrieben, erfüllt von existenziellem Weltschmerz.

Gesanglich war diese Wiederaufnahme ein Abend der orgelnden Bässe (schön geführte Stimmen wie die des Adrian Eröd gerieten da ins Hintertreffen): Mächtig Walter Fink als Wächter und Goran Simic als Hohepriester, dunkel Alexandru Moisiuc als Tirésias. Als Créon überzeugte Peter Weber.

Die Frauenrollen blieben - auch werkbedingt - im Hintergrund. Margareta Hintermeier hinterließ als Jocaste keinen nachhaltigen Eindruck, dafür machte die Mezzosopranistin Antigone Paoulkas als Antigone ihrem Namen alle Ehre. Mit dem kurzen Solo der Sphinx evozierte Marjana Lipovsek zurecht großen Jubel beim Publikum - es war dies der stimmliche Höhepunkt des Abends.

Über das Orchester lässt sich nur Schlechtes berichten: Wackelige Einsätze, krude Intonationsmängel und rhythmische Aberrationen sorgten für ein diffuses Klangbild. Der Ruhe und Umsicht des Dirigenten Michael Boder ist es zu verdanken, dass sich an diesem Abend noch eine zügige Interpretation einstellte, die bewies, dass dieses eindrucksvolle Werk zu Recht einen Platz im Staatsopern-Repertoire hat.


 
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