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ernste musik

Duftig aufblühende Kantilenen


Musikverein: Wiener Symphoniker, Georges Prêtre

Unter Georges Prêtre präsentierten sich die Wiener Symphoniker in Bestform. Der französische Dirigent animierte das Orchester zu Höchstleistungen. Ein beeindruckendes Konzert mit Ravels „Bolero“ als Höhepunkt.

Mit Bahms’ Tragischer Ouvertüre und einer Schweigeminute begann das dritte Konzert im Symphoniker-Zyklus des Musikvereins. Man gedachte damit des am 29. Dezember verstorbenen Horst Haschek, der langjähriger Präsident und Ehrenpräsident der Gesellschaft der Musikfreunde war.

Was danach folgte, war ein beglückender Konzertabend. Georges Prêtre holte das Beste aus dem Orchester, ganz ohne Gewalt und Zwang: Er diktierte nicht, sondern machte die Musiker wollen. Er stellte sich nicht nur in den Dienst der Musik, sondern ganz in den Dienst der Musiker. Als weiser Mediator und mit ökonomischer Zeichengebung vermittelte Prêtre den Mitmusikern erfolgreich: Horch, wie wunderschön deine Kollegin und dein Kollege spielt.

So erklang Brahms’ Vierte Symphonie in einer farbenreichen, musikalisch ungemein wirkungsvollen Darstellung. Das Orchester bewies rhythmische Kraft und überzeugte vor allem durch wunderbar musizierte lyrische Momente. Dadurch gelang eine Interpretation von wahrhaftiger Tiefe, die allen Aspekten des Werkes gerecht wurde. Paradigmatisch dafür stand das Flötensolo im letzten Satz. Zu Recht forderte Prêtre das Publikum nach Ende des Stückes gestenreich zum Extra-Applaus für den Solo-Flötisten Robert Wolf auf. Strawinskys „Feuervogel“-Suite war in den Händen der Musiker mehr als eine effektvolle Ballettmusik; den Symphonikern gelangen mit klanglichem Raffinement plastische Charakterzeichnungen.

Prêtres „Bolero“-Interpretationen eilt der Ruf des Legendären voraus und so durfte man sich für das Abschlussstück Außergewöhnliches erhoffen. Die Erwartungen wurden nicht enttäuscht. Prêtre animierte die Bläser zu ausdrucksstarken Soli, gab ihnen alle Freiheiten. Die Abwärtsbewegung der bekannten Melodie ließ der Dirigent mit insistierender Tempo-Verzögerung spielen, eine wirkungsvolle, ungemein sinnliche Variante. Zudem hielt Prêtre die Streicher bei Laune, die in Ravels Klassiker lange Zeit nur zupfen dürfen, und bekam dafür beim ersten „gestrichenen“ Einsatz der Ersten Geigen eine duftend aufblühende Kantilene geschenkt. Der berühmte Höhepunkt des „Bolero“ führte zu einer regelrechten Explosion der Orchesterfarben. Ein Ereignis.


 
  



 
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