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ernste musik

Menschlich und doch ohne Makel


Musikverein: Thomas Quasthoff, Freiburger Barockorchester

Ein reines Mozart-Programm spielte das Freiburger Barockorchester im Wiener Musikverein. Gesangssolist war der bedeutendste Bassbariton unserer Zeit: Thomas Quasthoff.

Humor und Ernsthaftigkeit, Spontaneität und Kompromisslosigkeit, stimmliche Perfektion und natürliche Bühnenpräsenz. Man muss schon in vermeintlichen Gegensatzpaaren denken, um dem Phänomen Thomas Quasthoff gerecht zu werden. In jeder Note ist zu hören, dass Quasthoff die bestmögliche Bewältigung musikalischer Aufgaben nicht genügt. Denn die ist erst die Grundlage seiner Kunst. Es geht um mehr. Es geht um die Aussage der Musik.

Beim zweiten Abend seines Musikvereins-Zyklus brachte Quasthoff das Freiburger Barockorchester mit, um Arien von Mozart zu singen, nein, zu leben. Der Bassbariton hatte offensichtlich größte Freude am frivolen Humor der Register-Arie aus „Don Giovanni“. Lichte Höhen erklomm der Sänger scheinbar unangestrengt in „Mentre ti lascio, o figlia“. Größte Klarheit zeichnete Quasthoffs Gesangeskunst aus. Technisch ohne Makel, passierte ihm kein gepresster Ton, alles klang offen und frei schwingend, über alle Register und musikalische Hürden.

Das Freiburger Barockorchester spielte unter der Leitung von Gottfried von der Goltz. Der Geiger dirigierte das Ensemble vom Konzertmeister-Pult aus. Das ist mit Risiken verbunden. Stellen wie der Anfang des dritten Satzes der „Pariser Symphonie“ – schnelle Figuren der zweiten Geigen, zu der die ersten Geigen synkopische Akzente setzen – hätten auch ins Auge gehen können. Das Risiko wurde belohnt. Deutliche dynamische Akzentuierungen und starke Kontraste gaben der „Pariser Symphonie“ Profil. Die Ersten Geigen klangen nie dominant, das Orchester wirkte lebendig wie ein Streichquartett, wo alle Musiker in jedem Moment mitdenken müssen. Mozart einmal nicht lieblich, sondern wild; ungezähmt, aber präzise.

Eine besonders schwere Aufgabe wartete auf den Solo-Bassisten des Orchesters in der Konzertarie für Bass, obligaten Kontrabass und Orchester „Per questa bella mano“. Quasthoff hatte eine Erklärung für den heiklen Part parat. Mozart habe, so Quasthoff zum Publikum, dem damaligen Kontrabassisten etwas zu Fleiß machen wollen, weil dieser ein Auge auf Mozarts Frau geworfen hätte. Mozarts Gedanken in Quasthoffs Worten: „Dem geb i wos zum oabeitn.“

Als Zugabe sang Quasthoff „In diesen Heil’gen Hallen“. Nicht, wie so oft zu hören, weihevoll weltfremd georgelt. In sonorer Tiefe gelang ihm eine menschlich berührende Textdeutung. Für eine bessere Welt. „Weil man dem Feind vergibt.“


 
  



 
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