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ernste musik

Zufälle gibt’s nicht


Musikverein: Wiener Symphoniker, Kent Nagano, Till Fellner

Die Wiener Symphoniker interpretierten unter dem renommierten Dirigenten Kent Nagano Werke von Webern und Wolf. Mit Till Fellner als Solisten erklangt Brahms’ zweites Klavierkonzert.

Anton Weberns filigrane „Sechs Orchesterstücke“ hatten es schwer am Anfang angesichts eines Publikums, das sich erst zurechtrücken und -husten musste. Auch wenn Webern bei Kent Nagano in besten Händen war. Hugo Wolfs Symphonische Dichtung „Penthesilea“ hatte es trotz Unbekanntheit leichter. Markig (Liszt lässt grüßen) und klanglich farbig (Berlioz lässt grüßen) ließ Nagano die Amazonen nach Troja reiten und sorgte für einen klaren Aufbau. Leider musste sich Nagano allzu oft den schwachen Zweiten Geigen widmen – der Achillesferse des Orchesters.

Till Fellner war der Solist bei Johannes Brahms’ Klavierkonzert Nr. 2 in B-Dur. Die Interpretation war geprägt von den typischen Fellner-Tugenden: jede Note ernst nehmen, nichts beiläufig spielen. Analysieren wir Till Fellner als Phänomen: Sein Klavierklang strahlt von innen – freilich ohne große Wärmeentwicklung. Das Projekt Till Fellner funktioniert als geschlossenes System. Nichts darf stören, schon gar kein Zufall. Spontan scheint an Fellners Interpretation nichts zu sein. Bei diesem einseitigen Kommunikationsmodell bleibt das Publikum draußen, und man darf sich nicht wundern, wenn es beim höflichen Applaus bleibt, auch wenn die Darbietung nach objektiven Kriterien hätte Jubel auslösen müssen. Denn kann man dieses Konzert besser spielen? Kaum. Kann man mit diesem Werk größere Begeisterung auslösen? Definitiv. Fellner hat alles fest im Griff, nur das Publikum nicht. Das lässt sich nicht planen. Inspiration scheint sich der Pianist aus der Aufführungssituation nicht zu holen. Der Auftritt als Aufgabe, die bestmöglich zu meistern ist. Da muss alles sitzen. Auch die Fliege, dessen waagrechte Ausrichtung die Hand nach dem ersten Verlassen der Bühne gewissenhaft prüft. Die immensen Schwierigkeiten, die Fellner mit Bravour meistert, sieht man ihm nicht an. Das Orchester darf folgen. Und das tut es unter Naganos Leitung perfekt und genau.

Majestätisch gelang Fellner der Aufbau des ersten Satzes. Man hörte auch im schnellsten Lauf jeden Ton, meinte die Partitur Note für Note vor sich zu sehen. Die Basslinien des zweiten Satzes meißelte Fellner wuchtig aus dem Steinway, nicht dröhnend, aber so massiv, dass er es mit dem ganzen Orchester locker aufnehmen konnte. Till Fellner, wie man ihn kennt: unerbittlich, vor allem gegen sich selbst.


 
  



 
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