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Ein Lehrstück im Fach Opernregie


Volksoper: Puccinis „Madama Butterfly“ unter Marc Piollet Stefan Herheims „Madama Butterfly“ an der Wiener Volksoper erregt noch immer die Gemüter. Dass diese Regiearbeit von größter Qualität ist, bewies die Inszenierung nach der Urfassung von 1904 auch in der jüngsten Wiederaufnahme.

Leere Zuschauersitze, Buhs nach dem Verklingen des letzten Akkordes: Beides hat sich Stefan Herheims Inszenierung von Puccinis Butterfly-Urfassung nicht verdient. Denn der Regisseur erzählt das rührselige Stück über die von ihrem amerikanischen Ehemann verlassene Cio-Cio-San virtuos und eindrucksvoll.

Herheims Butterfly ist eine Getriebene. Ihr Selbstmord scheint der einzige Ausweg aus dem engen gesellschaftlichen Korsett zu sein. Und da uns das Stück in der Volksoper auf mehreren Ebenen nahe gebracht wird, trägt auch das Publikum Schuld am Tod der Cio-Cio-San. Nicht nur im übertragenen Sinne: Der letzte Akt spielt in einem Puccini-Museum und als die Hauptfigur sich weigert, Harakiri zu begehen, legen die blutrünstigen Museumsbesucher selbst Hand an.

Dass das nicht zu einem billigen Gag wird, liegt am konzisen Konzept, das die Inszenierung zusammenhält und ihr Spannung verleiht. Herheim lässt das Drama auf mehreren Ebenen spielen: Als Spiel im Spiel, als Museumsstück, als Künstlerdrama – denn Puccini ist auch auf der Bühne. Ein Kunstgriff mit Folgen: Puccini (Josef Luftensteiner) führt die von Herheim präzise gezeichneten Figuren selbst ins Verderben, der Komponist ballt Musik und Fäuste zur emotionalen Unterstützung. Aus seinen Händen flattern glitzernde Konfetti zum orgiastischen Höhepunkt aus dem Orchestergraben.

Auch dort überzeugt diese Produktion. Noch-Volksopern-Musikdirektor Marc Piollet sorgt für Sicherheit, Sound und Stringenz im Orchestergraben. So hört man das Orchester nicht jeden Abend im Haus am Gürtel. Takako Massaro ist eine stimmkräftige Cio-Cio-San, deren stimmliche Differenzierung stark unter einem weiträumigen Dauervibrato und dem Mangel an weichen Piano-Abstufungen leidet. Wie man nicht nur mit Lautstärke, sondern auch musikalisch fesseln kann, führt die Mezzosopranistin Yanyu Guo als Butterflys Dienerin Suzuki vor. Mika Pohjonen ist als Pinkerton bemüht, seine Stimme klingt jedoch über weite Strecken flach und papieren. Aus dem sonst mittelmäßigen Ensemble ragen Morten Frank Larsen als Sharpless und der Rollendebütant Sorin Coliban als Onkel Bonze heraus.

Wie Puccini mit dem Scheitern der Liebe die Liebe erst recht sichtbar macht, so hat Herheim den Bühnentod der Cio-Cio-San erträglich gemacht, indem er ihn in seiner Unerträglichkeit bloßstellt. Die Buh-Rufer fühlten sich wohl um den wohligen Schauer betrogen, den der Tod Cio-Cio-Sans ihnen über den Rücken hätte jagen sollen.


 
  



 
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