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ernste musik

Galante Pirouetten für die Galerie


Musikverein: Wiener Philharmoniker, Riccardo Muti

In Bestform präsentierten sich die Wiener Philharmoniker in ihrem achten Abo-Konzert der Saison. Am Pult: ein unbeschwert wirkender Riccardo Muti. Haydns bekannter „Paukenschlag“ erklang mit Handy-Begleitung.

Blitzblau war der Wiener Frühlingshimmel. Strahlend war auch die Interpretation der „Paukenschlag“-Symphonie von Joseph Haydn durch die Wiener Philharmoniker unter Riccardo Muti. Der italienische Dirigent und das Orchester verpassten der Symphonie eine blank polierte Oberfläche, mit somnambul leichten Ecksätzen und einem tänzelnden Menuett. Kurz: Die Philharmoniker „at their best“. Maestro Muti legte ein paar galante Pirouetten für die Galerie ein und für Momente stellte man sich die Frage, ob sich hinter der spiegelnden Oberfläche auch musikalische Tiefe verbirgt, oder ob sie nur der Selbstbespiegelung diente. Ein Gedanke, den man schnell wieder wegwischte ob der dargebotenen Perfektion. Die Musiker ließen sich auch nicht von einem hartnäckig läutenden Handy die fröhliche Stimmung verderben. Im Gegenteil. Muti reagierte auf das Läuten zwischen zwei Haydn-Sätzen großzügig und bat den Besitzer des Störenfrieds: „Answer!“

Einen symphonischen Koloss wuchteten die Musiker nach der Pause auf die Bühne des Musikvereins. Alexander Skrjabins Symphonie Nr. 3, „Le Divin Poème“. Das „Göttliche Gedicht“ stellt einen Wendepunkt in Skrjabins Werk dar: vom Chopin-Nachfolger zum Mystiker, der Musik und Philosophie verschmelzen will. Sein Ziel ist nichts Geringeres als die Befreiung des „durch eine personifizierte Gottheit versklavten Menschen“. Nietzsche und die Idee des Dionysischen lassen grüßen. Aus postmoderner Sicht kann man sich zurücklehnen und beobachten, wie sich die Musik Takt für Takt am „Göttlichen“ abarbeitet - und scheitern muss. Skrjabin zwingt hier die dreisätzige Entwicklung („Kämpfe“ – „Wollust“ – „Göttliches Spiel“) in ein Kontinuum, alles Geschehen ist aus einer „Leitgruppe“ entwickelt. Ein zweischneidiges Schwert: Einerseits ist das kompositorisch faszinierend, weil alles miteinander verschränkt scheint, andererseits kann dies beim Hören schnell langatmig wirken, weil damit das oftmalige Wiederholen des schon Gesagten verbunden ist. Die Musiker sorgten dafür, dass keine Langeweile aufkam: Die ekstatische Klangsprache Skrjabins war beim blendend disponierten Blech in besten Händen, die Streicher legten alles Gewicht in ihre Phrasen und das Holz gab dem Skrjabin-Sound eine irisierende Komponente. Jubel für die Philharmoniker und den unbeschwert wirkenden Riccardo Muti.


 
  



 
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