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ernste musik

Konzerthaus: Alfred Brendel spielte Mozart, Beethoven, Schubert und Schumann


Radikal subjektiv

Eine Woche nach Maurizio Pollini durfte man beim Festwochen-Musikfestival mit Alfred Brendel einen weiteren Klavier-Titanen in seiner Reifephase erleben.

Ein Instrument, zwei Klangwelten. Wie unterschiedlich Klaviere desselben Herstellers unter pianistischen Meisterhänden klingen können, zeigten Konzerte des Musikfests im Rahmen der Wiener Festwochen. Maurizio Pollini und Alfred Brendel bewegten sich in ihrem ureigensten Repertoire mit gegensätzlichen Klangidealen. Brendel weich, wolkig, höchst subjektiv; Pollini kantig, schillernd und an der absoluten Struktur interessiert. Beide Ansätze sind in sich schlüssig und für sich gültig, beide das fruchtbare Ergebnis einer Kreuzung von Intellekt und Emotion.

Mit zunehmendem Alter scheint sich beider künstlerisches Profil vertieft zu haben: Steht bei Brendel Werktreue für das Selbstverständnis eines Interpreten, der im Moment des Musizierens das Werk neu erfindet, ist bei Pollini das Streben nach der perfekten Realisierung der Komposition als Konstruktion zusammengefügter Töne hehres Ziel. Hier Klang als absolute, dort Klang als subjektive Qualität.

Mit keinem anderen Stück kann das Brendel exemplarischer zeigen als mit Robert Schumanns „Kreisleriana“. Nicht, dass man in Brendel den kauzigen Kapellmeister der literarischen Vorlage sehen soll. Parallelen lassen sich jedoch nennen: das Eröffnen neuer Welten, das unerwartete, poetische Spiel der Kräfte der einmal in Gang geratenen Musik. Der „reife“ Brendel lässt den Tönen die Zeit, nach der sie verlangen, verbindet das polyphone Geflecht und die schwebende Klanglichkeit in nuancenreicher Anschlagskunst. Gerade bei Schumann ist die Synthese von Polyphonie und Klang so schwierig und doch muss sie das Ziel sein. Hier wurde es erreicht.

Ebenso eigenwillig führte Brendel Mozarts Variationen über ein Menuett von Jean Pierre Duport wie ein kleines Hündchen vor. Mit großem Ernst und doch kindlicher Freude an dem Schabernack, den Mozart mit der einfachen Melodie treibt, führte es der Pianist an der kurzen Leine.

Bei Beethovens D-Dur Sonate, der „Pastorale“, schien Brendels Konzept aufs erste Hinhören weniger aufzugehen. Hier hatte sein radikaler Subjektivismus einseitige Folgen: Die Kontraste in den Tempi waren aufs Nötigste zurückgeschraubt, der Klavierklang wattig, die Diktion – trotz himmlischer Stellen wie dem Übergang zur Reprise des ersten Satzes – ausufernd.

Mit größter Konzentration gestaltete der gefeierte Schubert-Interpret drei „Moments musicaux“ aus der Sammlung mit der Nummer D 780. Dem folgte das Publikum gespannt, für gedehnte Sekunden schien niemand das Atmen zu wagen.


 
  



 
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