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theater

Burgtheater: Robert Meyer inszeniert Nestroy


Exemplarische Nestroy-Einakter

Robert Meyer hat trefflich gewählt: Drei Possen von Johann Nestroy inszenierte er für sich, seine Kollegen und das Publikum des Burgtheaters. Zunächst eines der ersten Stücke Nestroys: das Vorspiel "Zettelträger Papp". Weiters den Einakter "Ein gebildeter Hausknecht" und schließlich Nestroys letztes Werk, "Frühere Verhältnisse". Die gewählten Stücke stehen exemplarisch für Nestroys Schaffen. Alle drei beziehen sich auf erfolgreiche Vorlagen, die Nestroy für seine Zwecke adaptiert hat. Eine Satire auf das Theater ist der "Zettelträger Papp". Es ist dies die Bearbeitung einer Bearbeitung: Die Vorlage stammt von Hermann Herzenskron, Ferdinand Raimund hat sie sich angeeignet, Nestroy hat sie weiter umgearbeitet (und Meyer hat Teile der Raimung-Bearbeitung wieder aufgenommen). Über die Autorschaft von "Ein gebildeter Hausknecht" streiten die Experten, Nestroy hat jedenfalls den "Nitschke" der Berliner Vorlage zum "Knitsch" gemacht - es wurde eine der beliebtesten Rollen seiner letzten Schauspieler-Jahre. Und die polulären "Früheren Verhältnisse" haben ihr Vorbild in einem früheren Stück Emil Pohls.

Regisseur Robert Meyer teilt sich die Nestroy-Rollen mit Branko Samarovski: Meyer ist ein kecker Zettelträger Papp, der das Eintreffen einer fahrenden Theatergruppe ankündigt und in einer witzigen Hamlet-Travestie die Theaterwelt (noch heute treffend) persifliert. Samarovski gibt den "gebildeten Hausknecht" Knitsch in einer flotten Posse über zwei Ehepaare, die ihre Partner wechselseitig auf die Probe stellen wollen - und natürlich alle in die Untreue-Falle tappen. Den Muffl in "Frühere Verhältnisse" hat sich wiederum Robert Meyer nicht entgehen lassen.

Die kurzweiligen Possen verteilt Meyer geschickt über die Epochen: Der Zettelträger Papp erscheint originalgetreu im Biedermeierkostüm, der "gebildete Hausknecht" wurde in die 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts verlegt, die "Früheren Verhältnisse" beweisen, dass sie auch in einer slicken Designer-Umgebung dramatisch wirkungsvoll "oft später aufkommen thu'n". (Die wunderbaren Kostüme entwarfen Elke Gattinger und Bühnenbildner Christoff Wiesinger.) Für das letzte Stück hat Meyer einen poetisch offenen Schluss gefunden, der die allgemeine Versöhnung, wie sie Nestroy im letzten Bild vorsieht, relativiert: Scheitermann klopft wie Fred Feuerstein an die Tür seiner Frau, Muffl macht sich mit dem Scheck, den Josephine für ihn und seine Peppi ausgestellt hat, aus dem Staub.

Was die drei Geschichten an diesem Abend verbindet, ist der wohlbekannte Meyer-Stil, der nicht der Schlechteste ist, aber die Kollegen manchmal in eine etwas schablonenhafte Darstellungsweise drängt. Das meyersche Zucken in den Gliedern hart am Outrieren bekommt vor allem Petra Morzé in den "Früheren Verhältnissen" schlecht, ihre Josephine ist nah an der Karikatur. Regina Fritsch jongliert als Köchin Peppi virtuos mit den Soziolekten und überspringt die gesellschaftlichen Sprachbarrieren aus allen Richtungen. Paul Wolff-Plottegg darf in "Zettelträger Papp" und "Ein gebildeter Hausknecht" als pfauisch gestelzte Figur über die Bühne stolzieren. Robert Meyer ist in allen Rollen Robert Meyer, der seinen bewährten Nestroy-Ton mit satirischer Schärfe würzt. Das ist besonders in den "Verhältnissen" äußerst wirkungsvoll, wo Nestroy seine Sprach-, Sozial- und Moral-Kritik zur Perfektion gebracht hat: Nestroy als "erster deutsche Satiriker, in dem sich die Sprache Gedanken macht über die Dinge" (Karl Kraus). Allein Branko Samarovski sticht aus der notorisch-motorischen Unruhe wohltuend durch überlegte darstellerische Ruhe und Sparsamkeit heraus. Und erntete dafür vom Publikum großen Jubel.


 
  



 
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