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Klangbogen: Rudolf Buchbinder, Rainer Küchl und Freunde


Routine reicht nicht

Rudolf Buchbinder lud Geiger aus dem Orchester der Wiener Philharmoniker ein, mit ihm im Rahmen des „Klangbogen“ zwei Spitzenwerke der Literatur für Klavierquintett zu musizieren. Über die Stücke erfuhr man nichts Neues, außer dass Routine nicht ausreicht, um ihnen gerecht werden zu können.

Rudolf Buchbinder begann seine Karriere als Kammermusiker und gehört heute noch zu den besten Pianisten dieses Faches. Warum er sich einer zusammen gewürfelten Streicherriege unter der Führung des philharmonischen Konzertmeisters Rainer Küchl aussetzte, um mit ihnen Schumanns Klavierquintett und Dvoraks Klavierquintett op. 81 zu spielen, blieb nach dem „Klangbogen“-Abend im Theater an der Wien schleierhaft. An deren Qualität als Kammermusikensemble kann es nicht gelegen haben.

Küchl und Buchbinder veranstalteten einen routinierten Paarlauf. Musikalische Kommunikation wurde im Ansatz erstickt. Küchl gab den Ton an, als wäre Buchbinder ein Ersatz für die philharmonischen Tuttisten. Letztere saßen an seiner Seite: Wilfried Hedenborg fiel durch seinen gepflegten Geigenton positiv auf, Robert Bauerstatters Bratschenspiel war über weite Strecken unzulänglich, Cellist Wolfgang Härtel agierte so zurückhaltend, als wollte er sich gleich für jede Note im Voraus entschuldigen. Wäre Küchls aggressiver Geigenton ein Ferrari, hatte man es hier mit einem untermotorisierten VW Passat zu tun.

Einen Kammermusikabend „ganz im Sinne der Wiener Klangtradition“ kündigte der „Klangbogen“ auf seiner Website an. Man kann nur hoffen, dass hier ein Irrtum vorliegt: Unsauber und verschmiert klang gleich der erste Satz des Schumannschen Quintetts, den zweiten Satz („In modo d’una marcia“) zerdehnten die Musiker bis zum Buchstabieren. Das virtuose Scherzo geriet teilweise zum Davonrennen unsauber, das abschließende Allegro wirkte nicht poetisch, sondern sentimental.

Auch über Dvoraks beliebtes Klavierquintett erfuhr man nichts Neues, die Intonation blieb unsauber, die Architektur des Werkes verlor man ob mancher ungezügelten Kraftmeierei recht bald aus den Augen. Nur in kurzen Solis Rudolf Buchbinders tauchte schemenhaft so etwas wie eine Idee auf.


 
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Festwochen: Wiener Symphoniker, Fedosejev


Risikoloses Requiem mit geglätteter Phrasierung

Antonin Dvoraks „Requiem“ war im Rahmen der Wiener Festwochen mit einem überzeugenden Sängerquartett zu hören. Vladimir Fedosejevs Interpretation sorgte hingegen für wenig Spannung.

Nachdem Nikolaus Harnoncourt und die Wiener Philharmoniker im Musikverein Bruckners Fünfte mit plastischer und fast schon überdeutlicher Klang-Sprache modelliert hatten, musste man am selben Ort beim Festwochen-Konzert der Wiener Symphoniker unter Vladimir Fedosejev seine Hörerwartung schnell umstellen. Denn Fedosejev ging am selben Wochenende mit einem völlig anderen Interpretationsideal ans Werk. Der Vorstellung eines kompakten Klang-Kontinuums verpflichtet, erklang Antonins Dvoraks „Requiem“ in geglätteter Phrasierung. Obwohl die Symphoniker sich gut disponiert präsentierten: Die Partitur hätte durchwegs beherztere Detaillösungen mit ausgeprägterer Dynamik vertragen. So wurde das vom Komponisten versöhnlich angelegte Werk nicht zum „Reißer“. Das Publikum spendete freundlich-lauen Applaus.

Unter den vier Gesangssolisten, die sich mehr Zustimmung verdient hätten, waren zwei Gewinner des Belvedere-Wettbewerbs: Die in Wien lebende Sopranistin Marina Mescheriakova und der armenische Bassist Arutjun Kotchinian. Mescheriakovas runder, slawisch gefärbter Sopran und Kotchinians tiefenstarker, fast lyrisch geführter Bass erfüllten Dvoraks innige Melodien mit Leben. Die deutsche Altistin Birgit Remmert überzeugte mit großer musikalischer Intensität und stimmlicher Sicherheit. Nur Zoran Todorovich, Tenor aus Belgrad, tanzte mit leichter Italanità aus der Reihe. Der Wiener Singverein rundete das erfreuliche vokale Gesamtbild dieser sonst matten Interpretation ab.


 
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Musikverein: Wiener Philharmoniker, Nikolaus Harnoncourt


Bruckner beim Wort genommen

Keine weihrauchgeschwängerte, verbrämte oder ekstatische Bruckner-Interpretation, sondern eine genaue Darstellung der beeindruckenden Partitur von Bruckners Symphonie Nr. 5gelang Nikolaus Harnoncourt und den Wiener Philharmonikern.

Mit der Einspielung von Bruckners Siebenter Symphonie haben Nikolaus Harnoncourt und die Wiener Philharmoniker vor vier Jahren den Verputz im vom Weihrauch ergrauten Bruckner-Dom gelöst und erstaunliche Farben und Details ans Licht gebracht. In Salzburg hat sich Harnoncourt mit diesem Orchester Bruckners Neunter von der Forscherseite genähert und die Fragmente zum Finalsatz eingespielt.

Nun hat man sich im Rahmen der Wiener Festwochen der Fünften von Anton Bruckner angenommen. Nicht nur ein Paradestück der Philharmoniker, sondern auch ein Schlüsselwerk im Schaffen des Komponisten, das die Arbeit der ersten vier Symphonien zusammenfasst und auf sein Spätwerk weist. Die riesenhaften Dimensionen der Fünften formte Bruckner aus dem Wettstreit von Themen, deren Verwandtschaft im letzten Satz in einer gewaltigen mehrthematischen Fuge demonstriert wird. Ein kontrapunktischer Kraftakt.

Im ersten Satz deutete Harnoncourt mit einer lyrisch weichen Nebenstimme zum dritten Thema der Exposition an, wo es auch hätte hingehen können. Er entschied sich anders, man möchte fast sagen: nicht für eine (subjektive) Interpretation, sondern für eine Darstellung (falls so etwas überhaupt möglich ist). Denn straff waren nicht nur die Tempi, sondern exemplarisch die genaue und teils schroffe Ausformung der Themen. Harnoncourt ließ bei aller Beredtheit kein Abschweifen zu, behielt stets die beeindruckende Gesamtkonstruktion in Auge, Ohr und im Hinterkopf.

Folgerichtig ließ er das Adagio nicht weitschweifig ausbreiten, sondern setzte es als Nullpunkt (von dem aus Bruckner seine Komposition begann), über dem sich der gewaltige Bogen der thematischen Beziehungen hin zum alles summierenden Final-Satz spannte. Dort lud Harnoncourt die Musik in genau dosierten Wellen mit Energie auf - bis zum überwältigenden Durchbruch des Choralthemas. Ein Gänsehaut-Erlebnis, für das sich das Publikum mit Jubel bedankte.

Einziger Einwand: In Details hatte man das Gefühl, Harnoncourt wäre noch nicht ganz dort, wo er hin will. Manche Übergänge bargen noch kein Geheimnis, sondern glitten ins Ungefähre ab. Vielleicht stellt sich Ersteres ja noch im Lauf der folgenden Konzerte (Samstag, Sonntag und Montag) ein.


 
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