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ernste musik

Musikverein: Wiener Symphoniker, Viotti, Buchbinder


Ein Orchester in Höchstform

Mit einem nationen-verbindenden Gruß an sein Heimatland, wo er künstlerischer Leiter des jüngst wiedereröffneten "Gran Teatro La Fenice" ist, begann Dirigent Marcello Viotti sein Konzert mit den Wiener Symphonikern. Franz Schuberts Ouvertüre "Im italienischen Stile" gelang leichtfüßig. Schon bei diesem kurzen Stück zeigte sich: Hier hat ein Dirigent klare Vorstellungen, die er dem Orchester so mitteilen kann, dass es ihm mit Begeisterung folgt.

In klanglich völlig anderes Terrain führte Maurice Ravels Konzert für Klavier und Orchester in G-Dur. Ein Werk, das Rudolf Buchbinders pianistischer Virtuosität entgegenkommt, was er etwa bei den Trillerketten in der Kadenz des ersten Satzes bewies. Mit bewundernswert lockerer Hand fegte Buchbinder durch das abschließende Presto, verlieh den jazzigen Teilen markante rhythmische Kontur. Im Mittelsatz kredenzten Orchester und Solist fruchtige Würze, nicht schwerer Süße: Buchbinder ließ die innige Melodie für sich sprechen, setzte fein dosierte Rubati, der Solo-Flötist der Symphoniker assistierte ihm dabei aufs Innigste.

In jeder Hinsicht makellos gelang Antonin Dvoraks Symphonie Nr. 8. Eine zugleich klare wie hinreißende Wiedergabe: Die Musiker folgten Viotti, der die Seitenthemen frei atmend auskostete und auf die ausdrucksstarken Mittelstimmen Bedacht nahm, mit Eifer. Stets gab der Maestro sicher die Richtung vor, gab zur rechten Zeit dem austarierten Klang des Orchesters Raum, zog dann wieder das Tempo an, ohne zu hetzen. Nie deckten übertriebene Folklorismen die Struktur des Werkes zu. Und nicht immer hört man die Symphoniker so homogen. Ein Dirigent, wie ihn Orchestermusiker lieben, ein Dirigent, dem das Publikum mit Jubel dankte.


 
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Mozart-Saal: Niederländischer Kammerchor, Reinbert de Leeuw


Ein leuchtender Chor-Kosmos

Welch wunderbarer Anfang für ein Chorkonzert: Aus den Nichts ein Lichtstrahl, der sich leuchtend materialisiert, wieder im Nichts verschwindet und Stille zurücklässt. Der Niederländische Kammerchor unter Reinbert de Leeuw setzte an den Beginn seines Wien-Modern-Konzertes György Ligetis Klassiker „Lux Aeterna“. Vor der zweiten Konzerthälfte, die ganz dem Chorwerk Ligetis gewidmet war, kämpfte der Chor mit nicht minder interessanten kompositorischen Positionen. Neben zwei Werken von Claude Vivier („O! Cosmos!“ und „Jesus, erbarme Dich“) interessierten vor allem Giacinto Scelsis „Tre canti sacri“ und Iannis Xenakis' „Nuits“. Während Scelsi durch feingliedrige Artikulation überzeugte, begann „Nuits“ martialischer: Mit einem Schrei der Frauenstimmen. Pfeifen, Gurren, Fiepen, Zischen, mit vielen „unsauberen“ Artikulationsarten spielt das Werk, um in einem Brummen der Männerstimmen zu enden.

Die Gäste aus den Niederlanden sangen mit großem Einsatz, wenn das Ensemble auch an manchen Stellen (vor allem in hohen Lagen) an die Grenzen des Leistbaren geführt wurde. Mit großer Klangpracht trumpfte der Kammerchor nach der Pause auf. Denn György Ligetis Chorstücke befriedigen durchaus auch kulinarische Bedürfnisse. Volltönend ließen die Sänger mit einem gewaltigen Sonnenaufgang („Nacht-Morgen“ inklusive lautmalerischem „Kikeriki“) den Mozart-Saal erstrahlen. Ligetis an Bartók ausgerichteter Frühstil war ebenso vertreten („Witwe Pápai) wie freitonale Stücke aus den 80er-Jahren („Drei Phantasien nach Friedrich Hölderlin“, „Ungarische Etüden“). Die Phantasien erwiesen sich als Preziosen von eigenständiger Schönheit, weniger geglückt erschien der zweite Teil der Etüden, wo sich aus fünf rhythmisch eigenständigen Schichten kein Ganzes ergeben mochte. Jubel für den Niederländischen Kammerchor, Standing Ovations für den Jubilar.


 
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Konzerthaus: Giora Feidman Quartett


TangoKlezmer mit Publikumsbeteiligung

„Sie haben ein Ticket gekauft, weil ich hier heroben toll Klarinette spielen kann und Sie nicht? Bitte, das nicht!“ Giora Feidman hat größeres im Sinn als kühle Virtuosenabende. Es geht ihm um die Menschen im Pulikum und das, was sie verbinden kann: Musik. Natürlich spielt Feidman wunderbar Klarinette und er verwandelt Musik aus allen Stilrichtungen in eine Feidman-Melange. Es ist ihm egal, wenn Stilpuristen ob seinem Programm die Nase rümpfen: Mozart in einem Medley mit Scott Joplin und Klezmer-Musik. Alles wird zu Feidman, der selbst „Alle meine Entlein“ so spielen kann, dass den Zuhörern vor Rührung die Tränen kommen. Zu sagen, Feidman beherrsche sein Instrument, greift zu kurz: Er spricht durch es. Und rührt damit die Herzen seiner Zuhörer.

Seinem Sendungsbewusstsein in Sachen Musik ist es wohl auch zu verdanken, dass das Publikum so geschlossen seiner Aufforderung folgte, Melodien mitzusingen. Das Adagio aus Mozarts Klarinettenkonzert erklang in voller Konzerthaus-Besetzung - und das musikalisch überzeugend phrasiert.

Mit „TangoKlezmer“, dem Programm des Abends, tourt Feidman schon seit mehreren Jahren und es entsprang Feidmans biographischen Wurzeln: Der Klarinettist mit dem charakteristischen Kristall-Mundstück wurde in Argentinien geborene lebt seit den 50er Jahren in Israel. Dass die Mischung aus Tango- und Klezmer-Stücken so überzeugend wirkte, ist auch Feidmans Mitmusikern zu verdanken. Ken Filiano mit melodiösem Kontrabass-Spiel, Aquiles Báez an der Gitarre und Raúl Jaurena, der seinem Bandoneon sehnsuchtsvolle Töne entlockte, standen ebenbürtig neben dem Star-Klarinettisten.

Zuletzt spielte Feidman eine Mischung von israelischer und palästinensischer Hymne: „Zwei Takte von hier und zwei Takte von dort und das ganze verrührt“. Eine wunderbare Melodie. „Noch viel schöner wäre es, wenn die zwei Völker einmal friedvoll zusammenleben würden“, so Feidman. Er könne nicht mehr verstehen, was in seinem Land passiert. „Zeigen sie mir einen Krieg, der erfolgreich war. Einen. Es gibt keinen.“


 
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