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ernste musik

Stadtinitiative: Kurt Schwertsik


Einblicke in die Werkstatt eines der vielfältigsten und vielseitigsten österreichischen Komponisten der Gegenwart gewährte der zweite Abend des Zyklus "Wege ins 21. Jahrhundert" der Stadtinitiative Wien. Das Koehne-Quartett spielte drei Werke von Kurt Schwertsik, der selbst durch das Programm führte. Erklärungen, die das Verständnis seiner Werke vertieften, würzte Schwertsik mit heiteren Anekdoten und seinen ironischen Gedichten. Der österreichische Komponist hat gemeinsam mit O. M. Zykan und H. K. Gruber in der 60er-Jahren mit seinen tonalen Werken für helle Aufregung in Avantgarde-Kreisen gesorgt. Wie kaum ein zweiter steht Schwertsik für musikalische Vielfalt. Im Streichquartett "Wake" findet Schwertsik zu einer persönlichen Klangsprache - hier hat der Tonsetzer die Trauer um einen früh verstorbenen Freund verarbeitet. Die anderen Werke scheinen weiter weggerückt von persönlichem Erleben und wirken auf das formale Geschehen konzentriert. So experimentiert "Boltenstern" mit der Sonatenhauptsatz-Form, "Ganesha Walkabout" basiert auf indischen Tabla-Rhythmen. Letztere forderten von den virtuosen Damen des Koehne- Quartett (Joanna Lewis, Ann Harvey-Nagl, Petra Ackermann und Melissa Coleman) allergrößte Konzentration. Ein heiter-beschwingter Konzertabend. Fortgesetzt wird der Zyklus mit Werkschauen von Francis Byrd (8. April) und Till Alexander Körber (6. Juni).

<a href=www.wienerzeitung.at target=_new>Erschienen am: 23.12.2002


 
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Musikverein: Ensemble Kontrapunkte


Groteske Tangos und ein flaues Gefühl im Magen

Was tun, wenn nach einem reichlichen Mahle der Magen flau sich krampft und man sich nicht ganz sicher ist, ob die verzehrten Lebensmittel nicht einen leichten "Stich" hatten? Einen Magenbitter trinken. Leider hilft der nicht bei akustischen Menüs.

Die Interpretationen des "Ensemble Kontrapunkte" im zweiten Konzert ihres Musikvereins-Zyklus waren engagiert und mit Ernst vorgetragen. Doch fast alles hinterließ einen unfertigen Eindruck, obwohl man den beteiligten Musikern grundsätzlich ein gewisses Niveau nicht absprechen kann - umso schlimmer, möchte man sagen.

Harmonische Schräglage

Hubert Stuppners von Kafka-Texten inspirierte Tangos liegen immer leicht daneben und verlangen große Virtuosität in gefährlicher harmonischer Schräglage. Was absichtlich und was unabsichtlich "daneben" ging, verbarg sich jedoch in der Interpretation unter Peter Keuschnig hinter dem Grauschleier des Ungefähren. (Dass Keuschnig gerade jenen Tango als Zugabe vorsah, in dem die Streicher vor den größten Hürden standen, hatte etwas Groteskes.)

Steif und harmlos klang zu Beginn Hannes Raffaseders "Tango?". Kurt Schwertsik war mit zwei Poesie-Vertonungen vertreten, wortdeutlich vorgetragen vom Bariton Wolfgang Holzmair. Die epigrammatischen Vierzeiler von Johann Beer (1655-1700) in "die Welt eine Laute" op. 82 passten besser zur pointierten Klangsprache Schwertsiks als die Gedichte H.C. Artmanns in "Shal-i-mar" op. 17. Im vergleich zu den beglückend musikalischen Versen Artmanns (aus "persische quatrainen") wirkte Schwertsiks illustrative Klang-Begleitung fast naiv.

Eindrucksvolles Vorspiel

Ebenfalls einen übermächtigen Text hat sich Johannes Maria Staud im spannendsten Beitrag des Abends gewählt. Hans Arps "Die Ebene" entstand in der Verzweiflung nach dem Tod von Arps Frau Sophie Taeuber. Ein erschütternder Text, trocken vorgetragen von Kammerschauspieler Robert Meyer. Staud trachtete nach eigenen Angaben nicht zu illustrieren, sondern zu deuten: Nach einem eindrucksvollen Vorspiel wurde der gesprochene Text von fein gearbeiteten Klängen ausgeleuchtet.


 
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cerha, der meister


Experiment und Affirmation

Ob als Interpret, Lehrer, Funktionär oder Komponist Friedrich Cerha war und ist eine der bestimmenden Persönlichkeiten des österreichischen Musiklebens. Einen Konzertabend, der in seiner Zusammenstellung die Qualitäten von Cerhas kompositorischem Schaffen anschaulich machte, absolvierte das Klangforum Wien unter der Leitung des Meisters. Cerha gelingt die Überwindung von Experiment und Tradition.

Wie Cerha Ende der 50er Jahre zögernd, zart und doch neue Welten erschaffend zu einer neuen Tonsprache jenseits der Dodekaphonie fand, zeigten die "Mouvements I-III". Jeder der drei Sätze exponiert an den Rändern offene Zustände, die sich stufenweise verdichten. Von zart tröpfelnd (I) über hart artikuliert (II) bis zu einem dichten Klangkontinuum (III).

Ruhig & bescheiden

Die folgenden Werke sind sowohl diesen Experimenten als auch einem hohen Geschichtsbewusstsein verpflichtet. Mit dem Streichsextett "Acht Sätze nach Hölderlin-Fragmenten" aus dem Jahr 1995 zeigt sich Cerha klanglich der Zweiten Wiener Schule verbunden. Doch der Komponist hat hier längst zu einer eigenen Sprache gefunden. Denn Überwindung und Affirmation des geschichtlichen Fundus fallen hier aufs Glücklichste in Eins. Das fein gesponnene Gewebe löst sich am Ende in Glissandi auf. Die Streichersolisten des Klangforum versteckten Sperriges nicht unter verharmlosendem Schönklang.

Mit ruhigen, bescheidenen Gesten führte der Komponist schließlich die Musiker durch sein "Jahr lang ins Ungewisse hinab" (entstanden 1995/96). Das Werk ist eine exemplarische Synthese aus den musikalischen Extremen "Zustand" und "Prozess". Es beginnt vital, bricht jedoch bald ins unheilvoll Dunkle ab. In Wellenbewegungen schaukelt es sich zu einer unausweichlichen Flut auf, mündet in stehendem Klang größter Informationsdichte, um schließlich in Klangwelten mitleidend erhabener Umschau aufzugehen. "Jahr lang ins Ungewisse hinab" endet mit einem berührenden musikalischen Fragezeichen. Erstaunlich, wie mühelos Cerha Widersprüche in ein Werk zwingt berührend, wie kritisch absolute Musik sein kann.


 
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