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ernste musik

Till Fellner


Wohl dosierte Sehnsucht

Vor einem Jahr war Till Fellner noch mitten in einem freiwilligen Sabbatical, nun erntet er die Früchte seiner Arbeit. Mit Schumanns Klavierkonzert zeigte Fellner seine bekannten pianistischen Qualitäten in Perfektion. Sein Spiel kennt keine Zufälligkeiten, jeder Akkord ist ausgehört, jede rhythmische Figur bewusst gesetzt. Spannungsgeladen und nicht protzig setzte Fellner die punktierten Anfangsakkorde, die lyrischen Teile des ersten Satzes kostete er mit größter Ruhe aus. Innig gelang der zweite Satz, strahlend und ohne Hast das Finale. Die Verbindung von Noblesse und rhythmischem Puls ließ an den früh verstorbenen Pianisten Dinu Lipatti denken. Das Wiener Kammerorchester unter dem südafrikanischen Dirigenten Gérard Korsten war ein ebenbürtiger Partner im Spiel mit den feinen Klangfarbennuancen. Das junge und begeisterungsfähige Kammerorchester interpretierte anschließend Beethovens Ballettmusik "Die Geschöpfe des Prometheus". Vor allem die musikalischen Holzbläser trugen viel zum erfrischenden Orchesterklang bei. Mit Sicherheit traf Korsten den Charakter der 16 Ballettnummern, mit scharfen Kontrasten zeichnete er das harmonisch kühne Finale.


 
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ernste musik

wien modern VII


Fahle Ambient-Improvisation Der österreichische Avantgarde-Film ist zurzeit außerhalb der dunklen Kinosäle prominent vertreten: Die Kunsthalle Wien widmet Martin Arnold eine Retrospektive ("Deanimated"). Gustav Deutsch ist bei Wien Modern zu sehen und hat eine Installation im Künstlerhaus eingerichtet. Der Musiker Hannes Löschel, bekannt durch Improvisationsprojekte jenseits der Genre-Grenzen, hat sich für Wien Modern von Deutschs Bildern inspirieren lassen. Zu sechs Filmschleifen aus Deutschs "Film ist." hat er Improvisationsfelder kreiert. Im Zeichen der Rückeroberung des Loop in die Analog-Sphäre stand die Besetzung: Drei Streicher, Klavier, Gitarre, Klavier und Live-Elektronik. Das Konzept ging nicht auf. Zudem wirkte die zwischen die Filmschleifen gesetzte Musik eher als Untermalung zur Tätigkeit des Technikers, der in der Mitte des Saales die 16mm-Filme wechselte, während musiziert wurde. Auch im zweiten Teil, der ohne Projektionen stattfand und sich auf den Soundtrack von Deutschs Film bezog, konnte keine Spannung evoziert werden. Die Aufführung hinterließ den Eindruck eines schlecht koordinierten Improvisations-Workshops. Interessante Momente gelangen nur der Elektronik-Sektion (Josef Novotny, Stefan Németh), die in Echtzeit die analogen Klänge manipulierte. Martin Brandlmayr (Drums) durfte nur für Momente seine rhythmischen Fähigkeiten andeuten. Von den beziehungsreichen Bildfolgen Deutschs war wenig zu erleben, zu kurz waren die Ausschnitte, zu beliebig die Musik. Spannend und erhellend ist dagegen Deutschs Installation mit Material aus "Film ist." im Künstlerhaus. Die empfehlenswerte Rundum-Projektion stellt dar, was Film ausmacht - im ersten Teil mit Ausschnitten aus Wissenschaftsfilmen, im anderen mit Stummfilm-Cuts. <a href=www.wienerzeitung.at target=_new>wz


 
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ernste musik

Wien Modern VI


Ausdruckswut und zwingende Konstruktion

Für einen der bisherigen Höhepunkte von Wien Modern sorgte Heinz Holliger als Interpret und Komponist: Um die Uraufführung seiner Zehn Lieder unter dem Titel "Puneigä" – ein Kompositionsauftrag des Festivals – gruppierte der Schweizer ein risikofreudiges Konzertprogramm mit Musik von Komponisten seines Heimatlandes.

Werke unterschiedlichster Ausprägung von bei uns weithin unbekannten Tonsetzern waren zu hören. Franz Furrer-Münchs scharf artikulierte "gesänge vom schwebenden turm" schließen im Besetzungs-Quintett eine Glasharmonika ein. Holliger zeigte hier seine unvergleichlichen Qualitäten als Musiker: Er interpretierte die Musik mit Kraft und Überzeugung, spielte ein ausgedehntes Oboen-Solo so ausdruckswütend, als hätte er die Musik ausspeien wollen.

Das Notturno op.10 vom Schönberg-Schüler Erich Schmid aus dem Jahr 1935 ist rhythmisch wenig außergewöhnlich und in der Tonhöhenorganisation der Wiener Schule verpflichtet. Von gänzlicher anderer Art präsentierte sich Jacques Wildbergers "Double Refrain" aus dem Jahr 1972. Politische Musik – mit Texten über Krieg, Staat und Gehorsam, die vom Tonband zu hören waren, während das musikalische Material sich zusehends selbst zerstörte.

Rhythmisch originell, aber klanglich sehr unergiebig wirkte Annette Schmuckis "konsonantse", das Holliger bei der jungen Komponistin für diesen Anlass bestellt hatte. Anton Weberns "Sechs Lieder op.14" sang Juliane Banse eindrucksvoll klar und intensiv.

Herausragend – das gilt auch für das Festival bisher – war die Uraufführung von Heinz Holligers "Puneigä" nach Texten in Pummatter Titsch der Walserdeutschen Autorin Anna Maria Bacher. Heinz Holliger holt aus einem kleinen Ensemble ein Maximum an klanglichen Möglichkeiten heraus. Das formal zwingend konstruierte Werk hebt mit einem C an und endet mit Glissandi, die auf denselben Ton zusteuern. Die eigentümliche und unverbrauchte Sprache von Bacher setzt Holliger in faszinierend lapidare Klänge um, die Geräusche und Naturlaute auf ein abstraktes Niveau heben. Juliane Banse war als ideale Interpretin zu erleben, die auch keinerlei Probleme hatte, Vierteltönen sauber zu singen.


 
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