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Junge Stimmen und alte Musik


Konzerthaus: Eröffnungskonzert der „Resonanzen“ mit Scarlatti-Oratorium

Die heurigen Resonanzen stehen unter dem Motto „Metropolen“. In seine angestammten Gefilde entführte das souveräne „Concerto Italiano“ unter Rinaldo Alessandrini.

Das Resonanzen-Publikum war schon immer eine konzentriert lauschende und höchst interessierte Hörerschaft. Am ersten Festival-Tag bekam es alles, was das Herz des Alte-Musik-Fans begehrt. Junge, erfreuliche Stimmen, ein höchst kompetentes Ensemble und ein Werk, das mit großen kantablen Melodien und überraschenden harmonischen Wendungen aufwarten kann: „La Vergine dei Dolori“, komponiert von Alessandro Scarlatti. Der Vater des Cembalo-Virtuosen Domenico steht heute etwas im Schatten jener Opern- und Vokalwerke, die zur selben Zeit in Paris und London entstanden waren. Im Konzerthaus viel erhellendes Licht auf das interessante Oratorium des gebürtigen Sizilianers.

Scarlattis „Metropolen“ – und hier wären wir beim gleichnamigen Motto der Resonanzen – waren Neapel und Rom. In Neapel dominierte er für zwei Jahrzehnte das Operngeschehen, in Rom führte er das Oratorium und die Kantate zu kompositorischer Blüte.

Das wahrscheinlich 1717 entstandene Oratorium „La Vergine dei Dolori“ brachte dem Publikum im Konzerthaus höchsten Genuss am schönen Schmerz. Das Libretto zeigt die Passion Christi aus dem Blickwinkel der leidenden Mutter. Textmaterial, das Scarlatti in hochemotionale, affektgeladene Musik umsetzte: Strahlende Trompeten-Klänge, harmonisch heftige Accompagnato-Rezitative, herzerweichende Lamenti, weit gespannte Melodien, im sinnlichen Dialog mit den Instrumentalstimmen oder dem vokalen Duett-Partner.

Für italienische Barockmusik ist Rinaldo Alessandrinis Barockensemble „Concerto Italiano“ eine Erste Adresse. So durfte man aufmerksam den Musikern lauschen, die temperamentvoll und mit feinem Klangsinn alle Extreme der Partitur ausloteten. Altistin Sonia Prina zeigte als Maria große Gesangskunst, führte ihre Stimme unangestrengt sowohl expressiv als auch instrumental und gestaltete ihre Partie mittels eines atemberaubend kontrollierten Piano-Spektrums. Ebenbürtig klang Roberta Invernizzis straffer Sopran, der sich in den Ensembles musikalisch sensibel einzugliedern wusste. Romina Basso führte ihre Mezzosopran-Stimme in den Höhen leicht und locker, in der Tiefe klang sie jedoch leicht angestrengt. Etwas mehr tenorale Durchschlagskraft hätte man dem sonst sauber singenden Luca Dordolo gewünscht.


 
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Wenn das Publikum selbst zum Instrument greift


Konzerthaus: Salieris „Europa riconosciuta“ unter Tiziano Duca

Die „Konzertvereinigung im Wiener Konzerthaus“ nimmt sich heuer drei Salieri-Opern vor. Die konzertante Serie wurde mit „Europa riconosciuta“ eröffnet.

Was sind tausend falsche Töne gegen das Leuchten in den Augen von Musikern, für die der Jubel des Publikums nichts Alltägliches ist? Einerseits. Andererseits muss der Zuhörer sie ertragen. Die falschen Töne. Naturgemäß gab es derer einige beim Konzert der Konzertvereinigung im Wiener Konzerthaus. Denn die Konzertvereinigung rekrutiert ihre Mitglieder aus dem Konzerthaus-Publikum, engagierten Musikern und Enthusiasten. Das Laienorchester wurde 1985 auf Anregung Alexander Pereiras gegründet. In dieser Saison erwirbt man sich Verdienste um einen großen, zu Unrecht in falsches Licht gerückten Komponisten: Antonio Salieri. Seine Opern „Falstaff“ und „La Grotta di Trofonio“ werden zu hören sein, mit „Europa riconosciuta“ wurde die dreiteilige Opern-Serie im Neuen Saal des Konzerthauses eröffnet. Ein Werk, das gerade an der Mailänder Scala auf dem Spielplan steht, weil es für die Eröffnung jenes Hauses geschrieben worden war.

Mit „Europa riconosciuta“ vermied Salieri starre Formschemata und entsprach so den modernen Opernidealen Glucks. Inhaltlich unterscheidet sie sich durch nichts von den damals üblichen Prunk-Opern. Nun nahmen die Konzertvereinigung und der Wiener Motettenchor eine Wiederbelebung vor. In der Tat wurde das 1778 entstandene Werk zu ein paar kräftigen Herzschlägen angeregt. Dazu trugen vor allem die Sänger bei: Ana Durlovski machte als Europa die beste Figur. Sie hatte ihre Sopranpartie fest im Griff. Nicht ganz so die Sopranistin Anna Kowalko: Sie zeigte zwar in der Mittellage großes Potential und mitreißende Musikalität, ihre Stimme klang aber in den höchsten Höhen noch höchst unausgereift. Magdalena Meziner und Maren Engelhardt sangen anständig, Roman Payer blieb als Einspringer für Manfred Equiluz farblos. Dirigent Tiziano Duca rackerte nach Leibeskräften, um die Chose zusammen zu halten. Im ersten Akt gelang das noch ganz gut. Im abschließenden zweiten, dramatischeren Akt, der sich musikalisch durch rasch wechselnde Tempi auszeichnet und sich auf der Opernbühne sicher gut machen würde, gelang das immer weniger. Auch wenn die Stimmführer kräftig ruderten: Die Hintermannschaft kam gehörig ins Trudeln.


 
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Staatsoper: Verdis "Falstaff" unter Fabio Luisi


Ein Raum füllendes Staatsopern-Debüt

Mit dem musikalisch höchst anspruchvollen letzten Opernwerk von Giuseppe Verdi wurde der erste Abend der neuen Staatsopern-Saison bestritten. Nicht wie bei der Premiere mit Parade-Falstaff Bryn Terfel, sondern mit einem Staatsopern-Debütanten in der Titelrolle.

Dieses Werk ist ein Wunder. Mit "Falstaff", seiner letzten Oper, hat sich der fast 80-jährige Giuseppe Verdi neu erfunden. Was Verdi in Briefen als "Zeitvertreib" bezeichnet, wurde ein weit in die Zukunft weisendes Werk; eine aus dem szenischen Moment abgeleitete Musik; eine hoch ökonomische Partitur, an der keine Note zuviel ist und alles thematisch motiviert scheint. Dieses geniale Konzept konnte sich nur auf dem ebenso genialen Libretto von Arrigo Boito entfalten und braucht einen umsichtigen Dirigenten.

Die routinierte Staatsopern-Inszenierung von Marco Arturo Marelli (Premiere war am 19. Oktober 2003) streicht das spielerische Moment hervor. Das Spiel auf einer überdimensionalen Bretterbühne versteht Marelli als ein gesellschaftliches. Falstaff haust unter jener (Bretter-)Ebene, auf der die obere Gesellschaftsschicht ihr Leben gebaut hat. Ähnlich einer Figur aus "Cats" kostümiert lümmelt er zwischen Dosen und Abfallrohren.

Marelli wollte einen "in sich ruhenden" Falstaff, an dem sich die übrigen Figuren reiben. Mit dem Staatsopern-Debütanten Ambrogio Maestri hat er einen, der selbst Premieren-Falstaff Bryn Terfel vergessen macht. Seine Stimme ist überragend wie seine Statur, kräftig und Raum füllend. Der Italiener Maestri stellt einen Falstaff auf die Bühne, der es nicht besser weiß, eine naive Natur. Und gesanglich lässt er keine Wünsche offen.

An seiner Seite engagierte man zum Saisonauftakt ein hochkarätiges Ensemble. Carlos Alvarez ist ein stimmlich fabelhaft geführter Ford, das Paar Fenton/Nannetta ist mit Saimir Pirgu und Tatiana Lisnic wunderbar besetzt. Letztere berührt im letzten Akt mit stimmungsvoller Piano-Phrasierung.

Weiters im lustigen Weiber-Quartett: die witzige Jane Henschel (Mrs. Quickly), Elina Garanca (Meg Page) und die stimmlich überragende Krassimira Stoyanova (Alice Ford). Die bewährten Michael Roider, Herwig Pecoraro und Alfred Sramek überzeugen in Buffo-Partien.

Dirigent Fabio Luisi ließ die Details der schnell wechselnden musikalischen Einfälle glänzen, das Orchester folgt mit Verve.


 
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