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Tuesday, 3. August 2004

oper

Klangbogen: John Caskens "God's Liar"


Existenzielle Zerrissenheit in schwindelnder Höhe

Mit John Caskens Oper "God's Liar" hat der Wiener Klangbogen (in Koproduktion mit der Neuen Oper Wien) ein internationales Erfolgsstück für seine österreichische Erstaufführung nach Wien geholt.

Die Hauptdarsteller von John Caskens "God's Liar" müssen in der Inszenierung von Stephan Bruckmeier nicht nur stimmlich Höhensicherheit beweisen: Drei mehrere Meter hohe Buchstaben aus hellem Holz dominieren die von Klaus Baumeister geplante Bühne im Semperdepot. "ICH" steht da, mit umgestürztem C. Das H dient, mit Hilfe mehrer Leitern, als Kletterturm und Einsiedler-Klause.

Das Ego eines großen (Ver-)Zweiflers steht im Mittelpunkt der Handlung, die auf der Erzählung "Vater Sergius" von Leo Tolstoi beruht. Stepan Kasatsky, russischer Kommandeur einer Schwadron der Leibkürassiere des Zaren, wird eine glänzende Militärkarriere vorhergesagt. Er ist es gewohnt, überall der Erste zu sein. Nur bei seiner Braut ist er es nicht: Kurz vor der Hochzeit gesteht sie ihm, dass sie die Mätresse des Zaren war. Es beginnt eine Leidensgeschichte, die den jungen Fürsten auch im Kloster nicht zur Ruhe kommen lässt. Die Versuchung in weiblicher Gestalt lässt ihn auch als Vater Sergius nicht los, verfolgt ihn in Person einer Witwe und eines sechzehnjährigen Mädchens bis in die Einsiedler-Zelle auf seinem großen "H".

Der englische Komponist hat mit seiner Librettistin Emma Warner sehr wirkungsvoll eine zweite Ebene eingeführt: Ein Regisseur möchte die Geschichte von Vater Sergius verfilmen, gerät jedoch in ähnlich existenzielle Verzweiflung wie seine Filmfigur.

Die Zeitebenen wechseln sich ab, bis sie im letzten Bild verschmelzen, wo sich Vater Sergius als "God's Liar" tituliert. Stephan Bruckmeier nutzt die Bühne geschickt, zuletzt scheinen die großen Lettern allerdings einer wirkungsvollen szenischen Umsetzung des Finales im Weg zu stehen. Das Amadeus Ensemble Wien unter Walter Kobéra lässt die dichte Partitur in tausend Farben schillern, steht akustisch hinter der Bühne und damit etwas im Abseits. Schade, denn Caskens Komposition ist vielschichtig und überrascht immer wieder mit klanglichen Raffinessen.

Steffen Rössler, Ensemble-Mitglied der Volksoper, spielt die Kämpfe des Kasatsky/Sergius mit seinem Über-Ich glaubwürdig und überzeugt mit seinem sehr voluminösen Bass-Bariton. Rebecca Nelsen begegnet ihm in wechselnden Frauenrollen und stellt sowohl die Fähigkeiten ihrer gut geführten Sopranstimme als auch ihre Verwandlungsfähigkeit unter Beweis. Hristofor Yonov bleibt als intellektueller Filmregisseur Stephen darstellerisch und stimmlich farblos und somit hinter seinen Kollegen zurück.


 
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Sunday, 25. July 2004

ernste musik

Klangbogen: Rudolf Buchbinder, Rainer Küchl und Freunde


Routine reicht nicht

Rudolf Buchbinder lud Geiger aus dem Orchester der Wiener Philharmoniker ein, mit ihm im Rahmen des „Klangbogen“ zwei Spitzenwerke der Literatur für Klavierquintett zu musizieren. Über die Stücke erfuhr man nichts Neues, außer dass Routine nicht ausreicht, um ihnen gerecht werden zu können.

Rudolf Buchbinder begann seine Karriere als Kammermusiker und gehört heute noch zu den besten Pianisten dieses Faches. Warum er sich einer zusammen gewürfelten Streicherriege unter der Führung des philharmonischen Konzertmeisters Rainer Küchl aussetzte, um mit ihnen Schumanns Klavierquintett und Dvoraks Klavierquintett op. 81 zu spielen, blieb nach dem „Klangbogen“-Abend im Theater an der Wien schleierhaft. An deren Qualität als Kammermusikensemble kann es nicht gelegen haben.

Küchl und Buchbinder veranstalteten einen routinierten Paarlauf. Musikalische Kommunikation wurde im Ansatz erstickt. Küchl gab den Ton an, als wäre Buchbinder ein Ersatz für die philharmonischen Tuttisten. Letztere saßen an seiner Seite: Wilfried Hedenborg fiel durch seinen gepflegten Geigenton positiv auf, Robert Bauerstatters Bratschenspiel war über weite Strecken unzulänglich, Cellist Wolfgang Härtel agierte so zurückhaltend, als wollte er sich gleich für jede Note im Voraus entschuldigen. Wäre Küchls aggressiver Geigenton ein Ferrari, hatte man es hier mit einem untermotorisierten VW Passat zu tun.

Einen Kammermusikabend „ganz im Sinne der Wiener Klangtradition“ kündigte der „Klangbogen“ auf seiner Website an. Man kann nur hoffen, dass hier ein Irrtum vorliegt: Unsauber und verschmiert klang gleich der erste Satz des Schumannschen Quintetts, den zweiten Satz („In modo d’una marcia“) zerdehnten die Musiker bis zum Buchstabieren. Das virtuose Scherzo geriet teilweise zum Davonrennen unsauber, das abschließende Allegro wirkte nicht poetisch, sondern sentimental.

Auch über Dvoraks beliebtes Klavierquintett erfuhr man nichts Neues, die Intonation blieb unsauber, die Architektur des Werkes verlor man ob mancher ungezügelten Kraftmeierei recht bald aus den Augen. Nur in kurzen Solis Rudolf Buchbinders tauchte schemenhaft so etwas wie eine Idee auf.


 
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Wednesday, 16. June 2004

media

artsandlettersdaily


mal durchackern


 
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