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quittas "moliere stirbt"


sowas schlechtes hab ich bei den festwochen noch nie gesehn. kann der apa nur zustimmen: "Am schönen Flair des Jugendstiltheaters hat es nicht gelegen, dass Quitta sich die Buh-Rufe vor halb leeren Rängen abholen musste."


 
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Festwochen: The Children of Herakles


Flüchtlings-Schicksale im Parlament

Peter Sellars ist mit seinem Projekt „The Children of Herakles“ für die Wiener Festwochen im österreichischen Parlament zu Gast. Der erschütternd aktuelle Text des Euripides wurde mit professionellen Schauspielern und Asylsuchenden im neu-griechischen Sitzungssaal aufgeführt.

Lernen wir aus der Geschichte? Das prekäre Verhältnis von Historie, Gegenwartsbefund und Zukunftsentwurf macht als roter Faden das bisherige Programm der Wiener Festwochen zu einer erstaunlich stringenten Sache. Nach den bisherigen Höhepunkten – Krystian Lupas Version von „Klaras Verhältnisse“, Ostermeiers „Nora“ und „Wallisch Wandern“ des Grazer „Theater im Bahnhof“ – war mit Peter Sellars’ Euripides-Inszenierung „The Children of Herakles“ ein beeindruckendes Beispiel dafür zu erleben, dass ein genauer Blick auf unsere Geschichte lohnt. Euripides’ 2500 Jahre altes (Flüchtlings-)Drama, von Sellars ohne Striche aufgeführt, wirkt beklemmend aktuell. Sellars wählte einen bedeutungsvollen Ort für seine Produktion, die 2002 bei der Ruhrtriennale erstmals gezeigt worden ist: Er brachte das Flüchtlingselend ins Parlament, genauer in den historischen Sitzungssaal.

„Lernen“ wollte auch Innenminister Ernst Strasser und stellte sich vor der Aufführung einer Diskussion mit in Österreich festsitzenden Flüchtlingen. Was blieb, war der Wille, sich für Einzelschicksale einzusetzen. Und im Publikum blieb die ohnmächtige Betroffenheit darüber, wie unvereinbar die einzelnen Schicksale auf der einen Seite und auf der anderen Seite die Aufgabe scheint, die Menschenleben per Gesetz und Verordnung zu verwalten. Es geht um nichts weniger als die grundlegendsten Fragen der Menschheit. „Freiheit“ wünschen sich die Asylsuchenden, die in Österreich teilweise seit Jahren und zur Untätigkeit verdammt auf die Erledigung ihrer Fälle warten. Der aus Afghanistan geflohene Ghorban Ali Assadi brachte es auf den Punkt: „Ich will einfach leben. Wie ihr.“

Die Kinder des Herakles sind Flüchtlinge. Im doppelten Sinne, denn in Sellars Inszenierung werden sie von Jugendlichen aus dem Lager Traiskirchen dargestellt. In ihrer Heimat mit dem Tod bedroht, finden die Kinder des Herakles in Athen Asyl. Ihre Verfolger erklären daraufhin den Athenern den Krieg. Nur ein Blutopfer kann den Sieg Athens erzwingen. Makaria, eine Tochter des Herakles, opfert sich. Es sei ihr freier Wille, zu sterben. Der feindliche Tyrann wird besiegt und vor Gericht gestellt.

Präzise und deklamatorisch ist der Stil von Sellars’ Darstellern, eindringlich und kraftvoll wuchten sie den erschreckend heutigen Text des Euripides in den Parlamentsaal. Demophon (Brenda Wehle) und Kopreus (Karen Kandel) sind Berufspolitikerinnen im strengen grauen Kostüm, Jolaus (beeindruckend: Jan Triska) sitzt im Rollstuhl, Herakles’ Mutter (Ruth Maleczech) trägt den Tschador und der besiegte Tyrann Eurystheus (Cornel Gabara) wird im orangefarbenen Einteiler hereingeführt, wie ihn die Häftlinge von Guantanamo Bay tragen müssen. Dieser Hinweis wäre kaum notwendig, so lebendig wird auch die Kriegsgefangenen-Thematik bei Euripides verhandelt.

In dieser Festwochen-Produktion sind Theater, Politik und Gesellschaft nicht mehr voneinander zu trennen. Und regt so eine Auseinandersetzung an, die Not tut.


 
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Schauspielhaus: Das verräterische Herz


Atemberaubender Monolog nach E.A. Poe

Dunkelheit. Fast unmerklich fällt ein feiner Lichtstrahl auf ein Gesicht, das körperlos im schwarzen Nichts der Bühne zu schweben scheint. Regisseur Barry Kosky gibt dem Publikum zunächst einmal Zeit, sich auf das einzulassen, wovon es gefesselt sein wird: Martin Niedermairs Gesicht. Eine Holzstiege, ein paar Scheinwerfer und ein Klavier. Mehr brauchen Barry Kosky und sein Darsteller Martin Niedermair nicht, um aus Edgar Allan Poes kurzem Text "Das verräterische Herz" einen schaurig fesselnden und präzisen Theaterabend zu machen.

"Es ist wahr!" So lautet der erste Satz dieses inneren Monologs von Poe, mit dem Kosky und Niedermair tief in die psychologischen Abgründe eines geisteskranken Mörders vordringen. Das Verbrechen wird an einem alten Mann begangen, dessen Blick der Erzähler nicht ertragen kann. Der Mörder, von einem überempfindlichen Gehörsinn gequält, erzählt, wie er den Alten zerstückelt und unter Bodendielen versteckt hat. Als die Polizei kommt, glaubt er, das Herz des Getöteten pochen zu hören - und verrät sich.

Bewundernswert präzise setzt Barry Kosky, verantwortlich für Regie, Licht und Musik, einfache theatrale Mittel ein. Martin Niedermair sitzt still auf einer langen Holztreppe. Alle Bewegung passiert, außer während kurzer und umso intensiverer Ausbrüche, im Gesicht des ausgebildeten Musical-Sängers. Das Sehen ist auf den Kopf des Darstellers und seine nervösen Ticks konzentriert, das Hören auf seinen mikrofonverstärkten Sprechapparat. Sein Zähneklappern, Zungenschnalzen, Knirschen und Schmatzen hallt durch den atemlos stillen Raum. Höchste Spannung erzeugt Niedermair auch durch eine Interpretation des Textes, die jedem Wort Raum und Zeit gibt, sich im Kopf des Publikums als Bilder zu manifestieren. Jede Silbe wird auf ihren emotionellen Gehalt abgeklopft, der rechte Subtext gefunden.

In die Erzählung hat Kosky, der selbst am Klavier begleitet, Musik von Bach, Purcell, Kreisler und Wolf eingeflochten. Das sorgt für fesselnde Momente und gibt Niedermair die Möglichkeit, sein umfassendes Können als Sänger (sogar kopfüber auf der Treppe liegend) unter Beweis zu stellen.

Im liebevoll gestalteten Programmheft finden sich Bilder von Francis Bacon. Von ihnen lässt sich sagen, was auch für diese Produktion gilt: Beide zeigen das unsichtbare, von Wahnsinn und Weltschmerz gezeichnetes Gesicht hinterm Gesicht eines Menschen.


 
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