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Friday, 6. May 2005
ernste musik
weichfest, May 6, 2005 at 9:52:54 AM BST Zemlinsky-Renaissance im historischen Ambiente Ehrbar-Saal: Zemlinsky/Brahms-Zyklus des Prazak Quartett Das internationale bekannte Prazak Quartett schloss seinen Zemlinsky/Brahms-Zyklus im historischen Ehrbar-Saal ab. Das letzte Quartett von Alexander Zemlinsky hat eine bewegte Entstehungsgeschichte. Zemlinsky-Experte Antony Beaumont zeichnete in seiner Konzerteinführung im 1867 erbauten Ehrbar Saal ein Bild der Wiener Kultur vor dem Zusammenbruch: Alban Berg stirbt am Weihnachtsabend 1935, Zemlinsky schreibt mit seinem vierten Streichquartett einen Abgesang auf den großen Komponisten. Das Kolisch-Quartett spielt das Werk einmal im privaten Rahmen und flüchtet kurze Zeit später vor der kommenden Unkultur. Zemlinsky folgt ihnen 1938. Sein viertes Quartett wurde erst 1978 öffentlich uraufgeführt. Beim 1972 in Prag gegründeten Prazak Quartett war die Komposition in besten Händen. Die Musiker, in den Ehrbar Saal eingeladen von der Stadtinitiative Wien, formten die heterogenen Charakteristika der sechs Sätze plastisch - vom Trauergeläut des ersten Abschnittes über die virtuose Burleske bis zur rüden Doppel-Fuge. Das Ensemble hat alles, was ein gutes Quartett braucht: einen charismatisch aufspielenden Primus, einen musikalischen zweiten Geiger, einen gewitzten, intonationssicheren Bratscher und einen Cellisten, der musikalische Impulse zu geben vermag. So zu hören im Fünften Satz, dessen vom Cello solistisch vorgetragene Einleitung Michal Kanka mit großer Geste zum Aufblühen brachte. Die musikalische umsichtige Klangkraft des Streicherensembles traf im Klavierquintett von Johannes Brahms auf das ungestüme Feuer des jungen österreichischen Pianisten Christopher Hinterhuber. Flocht er den Klavierklang zunächst virtuos in das kontrapunktische Geflecht, ging mit ihm im letzten Satz das Temperament durch. Die orgelnden Bässe wirkten wuchtig, brachten jedoch das bis dahin aufrechte klangliche Gleichgewicht ins Wanken. link me Tuesday, 3. May 2005
ernste musik
weichfest, May 3, 2005 at 9:38:01 AM BST Galante Pirouetten für die Galerie Musikverein: Wiener Philharmoniker, Riccardo Muti In Bestform präsentierten sich die Wiener Philharmoniker in ihrem achten Abo-Konzert der Saison. Am Pult: ein unbeschwert wirkender Riccardo Muti. Haydns bekannter „Paukenschlag“ erklang mit Handy-Begleitung. Blitzblau war der Wiener Frühlingshimmel. Strahlend war auch die Interpretation der „Paukenschlag“-Symphonie von Joseph Haydn durch die Wiener Philharmoniker unter Riccardo Muti. Der italienische Dirigent und das Orchester verpassten der Symphonie eine blank polierte Oberfläche, mit somnambul leichten Ecksätzen und einem tänzelnden Menuett. Kurz: Die Philharmoniker „at their best“. Maestro Muti legte ein paar galante Pirouetten für die Galerie ein und für Momente stellte man sich die Frage, ob sich hinter der spiegelnden Oberfläche auch musikalische Tiefe verbirgt, oder ob sie nur der Selbstbespiegelung diente. Ein Gedanke, den man schnell wieder wegwischte ob der dargebotenen Perfektion. Die Musiker ließen sich auch nicht von einem hartnäckig läutenden Handy die fröhliche Stimmung verderben. Im Gegenteil. Muti reagierte auf das Läuten zwischen zwei Haydn-Sätzen großzügig und bat den Besitzer des Störenfrieds: „Answer!“ Einen symphonischen Koloss wuchteten die Musiker nach der Pause auf die Bühne des Musikvereins. Alexander Skrjabins Symphonie Nr. 3, „Le Divin Poème“. Das „Göttliche Gedicht“ stellt einen Wendepunkt in Skrjabins Werk dar: vom Chopin-Nachfolger zum Mystiker, der Musik und Philosophie verschmelzen will. Sein Ziel ist nichts Geringeres als die Befreiung des „durch eine personifizierte Gottheit versklavten Menschen“. Nietzsche und die Idee des Dionysischen lassen grüßen. Aus postmoderner Sicht kann man sich zurücklehnen und beobachten, wie sich die Musik Takt für Takt am „Göttlichen“ abarbeitet - und scheitern muss. Skrjabin zwingt hier die dreisätzige Entwicklung („Kämpfe“ – „Wollust“ – „Göttliches Spiel“) in ein Kontinuum, alles Geschehen ist aus einer „Leitgruppe“ entwickelt. Ein zweischneidiges Schwert: Einerseits ist das kompositorisch faszinierend, weil alles miteinander verschränkt scheint, andererseits kann dies beim Hören schnell langatmig wirken, weil damit das oftmalige Wiederholen des schon Gesagten verbunden ist. Die Musiker sorgten dafür, dass keine Langeweile aufkam: Die ekstatische Klangsprache Skrjabins war beim blendend disponierten Blech in besten Händen, die Streicher legten alles Gewicht in ihre Phrasen und das Holz gab dem Skrjabin-Sound eine irisierende Komponente. Jubel für die Philharmoniker und den unbeschwert wirkenden Riccardo Muti. link me Sunday, 1. May 2005
ernste musik
weichfest, May 1, 2005 at 11:51:26 AM BST Musikalischer Dialog weiser Kammermusiker Mozart-Saal: Alban Berg Quartett, Heinrich Schiff Eine legendäre Kammermusik-Kollaboration erlebte im Wiener Konzerthaus eine Wiederaufnahme. Das Alban Berg Quartett und Heinrich Schiff spielten Schuberts Streichquintett. Ihre Einspielung von Franz Schuberts Streichquintett D 956 ist legendär und gehört zum Besten, das auf Tonträgern erhältlich ist. Für das letzte Konzert ihres Konzerthaus-Zyklus lud das Alban Berg Quartett den Cellisten Heinrich Schiff, um mit ihm das Spätwerk des Meisters zu interpretieren. Bratschist Thomas Kakuska fehlte krankheitshalber, seine ehemalige Schülerin Isabel Charisius nahm den Platz ein. Das ABQ und Schiff: ein eingespieltes Team, das sich wie blind versteht. Kein Wunder, dass Einspringerin Charisius angespannt wirkte. Jahrzehnte des Zusammenspiels kann man nicht substituieren. Musikalisch war sie jedoch – von kleinen Missverständnissen abgesehen – eine ebenbürtige Mitspielerin. Im Vergleich zur legendären Schallplatten-Einspielung haben die Musiker zu größerer rhythmischer Freiheit gefunden. Herrlich, wie Primus Günter Pichler im Adagio mit Heinrich Schiff in ein gelehrtes Zwiegespräch trat. Atemberaubend, wie der Geiger im selben Satz den Instrumentenklang mit dem des ABQ-Cellisten Valentin Erben verschmolz, musikalisch bis in die kleinste Faser deckungsgleich. Das ist unerreicht. Doch die neue Flexibilität hat auch negative Auswirkungen: Die technische Unfehlbarkeit, die früher ans Überirdische grenzte, ist dahin und bewegt sich nun in menschlichen Dimensionen. Mit Gija Kantschelis „Night Prayers“ spielte das Quartett seine Meisterschaft in der Interpretation zeitgenössischer Musik aus. Die dunkle, nachdenkliche Komposition bezieht ihre Stärke aus der Konfrontation von Fortissimo- und Pianissimo-Blöcken einerseits und von der Gegenüberstellung von Unisono-Klängen und starken Dissonanzen andererseits. Darüber schwebt die leise flehende Stimmer der Ersten Violine. Das Alban Berg Quartett schuf bis zum wirkungsvollen Schluss einen Spannungsbogen von Energie und Stille. Kantscheli setzt ans Ende seines Quartetts einen überraschenden Dur-Akkord, der Ergriffenheit auslöste – auch dank der intensiven Interpretation, die an einen Abwesenden gerichtet schien. link me ... Next page
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